MotoGP als Vorbild: Könnte die F1 ein Wildcard-System für Rookies einführen?
Könnte die Formel 1 in Zukunft ein Wildcard-System nutzen, um Talenten die Chance auf einen Renneinsatz zu geben? Wie die Idee aussieht und wo die Probleme liegen
(Motorsport-Total.com) - Liegt eine Formel-1-Revolution in der Luft? In dieser Woche wurde zwischen den Teams und Verantwortlichen der Serie über die Einführung eines Wildcard-Systems beraten. Damit sollen Rookies die Möglichkeit bekommen, nicht nur am Freitagstraining teilzunehmen, sondern auch Rennen zu fahren.
Nach Informationen von Motorsport.com, einer Schwesterplattform von Motorsport-Total.com im Motorsport Network, wurde bei einem Treffen der F1-Kommission am Dienstag in London diskutiert, ob die Einführung eines Wildcard-Systems sinnvoll sei.
Dabei geht es vor allem darum, jungen Fahrern die Möglichkeit zu geben, Rennerfahrung in der Formel 1 zu sammeln - etwas, das in anderen Klassen wie der MotoGP, wo zusätzliche Motorräder eingesetzt werden, bereits gut funktioniert.
Wildcard in der Formel 1: Wo die Probleme liegen
Die Einführung von Wildcards in der Formel 1 wäre jedoch weitaus komplizierter, da die Teams aus finanziellen und logistischen Gründen keine Möglichkeit haben, ein drittes Auto einzusetzen. Aufgrund der Regeln zur Kostenbegrenzung kämpfen bereits viele Teams darum, unter der Budgetgrenze zu bleiben.
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1. Oscar Piastri (McLaren) beim Großen Preis von Ungarn 2024 Fotostrecke
Auch aus logistischer Perspektive wäre es unmöglich. Die Teams bringen nur zwei fertige Chassis zu einem Rennwochenende mit, und es gäbe unendlich viele Komplikationen, wenn man ein zusätzliches Auto einsetzen wollte - ganz zu schweigen vom Personal und dem ohnehin begrenzten Platz in der Boxengasse.
Die einzige Möglichkeit, wie ein Wildcard-System in der Formel 1 funktionieren könnte, wäre, dass junge Fahrer für einen der beiden Stammfahrer einspringen. Diese Idee des Fahrertauschs soll der Hauptgrund für den Vorschlag der F1-Kommission gewesen sein. Man kam jedoch schnell zu dem Schluss, dass dies weder für die Teams noch für die Fans eine gute Lösung wäre.
Zusätzliches Training für die Rookies?
Schon jetzt müssen die Stammpiloten mindestens ein Freitagstraining pro Jahr aussetzen, um den Rookies etwas Fahrzeit zu geben. Eine Ausweitung auf ein ganzes Wochenende ginge aber zu weit, so die einhellige Meinung.
Die Idee der Wildcard wurde damit zwar vorerst ad acta gelegt, die Formel 1 und die Teams wollen aber weiterhin nach Möglichkeiten suchen, den Neulingen mehr Zeit auf der Strecke zu geben. Dies könnte durch zusätzliche Trainingseinheiten geschehen.
Die Teams waren sich auch einig, dass es im Laufe des Jahres Gelegenheiten geben wird, wie im Fall von Oliver Bearman in Saudi-Arabien, wo junge Fahrer die Chance bekommen, Rennen zu fahren, weil einer der etablierten Fahrer des Teams ausfällt.
Wie das Wildcard-System der MotoGP funktioniert
In der MotoGP gibt es seit längerer Zeit ein Wildcard-System, das es den Herstellern erlaubt, bei ausgewählten Veranstaltungen im Laufe des Jahres zusätzliche Motorräder einzusetzen. Hauptmotivation war früher, Lokalmatadoren einen Einsatz bei ihrem Heimrennen zu ermöglichen. Zuletzt wurden die Wildcards aber vor allem für Testfahrer genutzt.
Das aktuelle System basiert auf einem Konzessionssystem, bei dem die verschiedenen Hersteller nach der Anzahl der in der Vorsaison erzielten Punkte eingestuft werden. Für die Saison 2024 bedeutet dies, dass Titelverteidiger Ducati keine Wildcard-Fahrer einsetzen darf, während KTM, Aprilia, Honda und Yamaha jeweils sechs Wildcards zur Verfügung stehen.
Die mit einer Wildcard erzielten WM-Punkte zählen aus Fairnessgründen nicht für die Teamwertung. Ein Wildcard-Fahrer kann jedoch Punkte für die Fahrerwertung und sogar für die Konstrukteurswertung sammeln. In der Konstrukteurswertung werden nur die Punkte des bestplatzierten Fahrers gewertet, sodass der Einsatz einer Wildcard in dieser Hinsicht keinen unfairen Vorteil bringt.