• 23. Juli 2024 · 12:33 Uhr

Ein Blick in die Geschichte: So wurden Rennen per Stallorder entschieden

McLaren griff in Ungarn auf die umstrittene Stallorder zurück und schenkte Oscar Piastri den Sieg - Solche Situationen gab es in der Formel 1 schon oft

(Motorsport-Total.com) - Hätte McLaren Oscar Piastri einfach zuerst an die Box holen müssen, um eine Stallorder beim Formel-1-Rennen in Ungarn zu vermeiden? Diese Frage stellten sich viele, auch Lando Norris, der seinen Teamkollegen per Stallorder vorbeilassen musste. Dabei gab es in der Formel 1 schon viele Situationen, in denen Rennen am Funk entschieden wurden.

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Österreich 2002: Rubens Barrichello lässt Michael Schumacher vorbei Zoom Download

McLaren wählte in Budapest eine konservative Strategie, um den Doppelsieg zu sichern. Zunächst wurde Norris an die Box geholt, um den Undercut-Versuch von Lewis Hamilton zu verteidigen. Doch Norris schaffte den Undercut gegen seinen Teamkollegen Piastri, der nach seinem späteren Stopp auf Platz zwei lag.

Dann kam die Stallorder: Norris lenkte ein und gab zu, dass es die richtige Entscheidung gewesen sei, obwohl er über Funk protestiert hatte. Es war wohl nicht der Traum vom ersten Sieg, den sich Piastri erhofft hatte, aber jetzt ist der Australier ein Grand-Prix-Sieger.

Die Formel 1 hat sich nie gescheut, Kontroversen über Teamorder zu führen, und obwohl der interne Positionswechsel bei McLaren die Gemüter erhitzte, verblasst diese Situation im Vergleich zu anderen Beispielen in der Geschichte der Königsklasse. Gehen wir zurück ins Jahr 1998.

Mit dem MP4/13 von Adrian Newey hatte McLaren beim Saisonauftakt 1998 in Melbourne das schnellste Auto. Damit sollten Ferrari und Michael Schumacher unter Druck gesetzt werden. Der Deutsche schied bereits in der sechsten Runde mit einem Motorschaden aus. Auch McLaren hatte im Training mit der Haltbarkeit der Autos zu kämpfen.

Im Rennen ging es nur darum, die ersten beiden Positionen zu halten. Damals fuhren Mika Häkkinen und David Coulthard für das Team. Häkkinen startete von der Poleposition und hatte im Qualifying nur 0,043 Sekunden Vorsprung. Beide gingen motiviert in die erste Kurve und hielten dann ihre Positionen.

McLaren schon früher in der Kritik

Denn McLaren hatte sich für das Rennen eine Strategie zurechtgelegt: Der Fahrer, der nach der ersten Kurve in Führung liegt, hat bei einem eventuellen Stallorder den Vorzug. So sollte sichergestellt werden, dass beide ihre Autos schonten, um einen technischen Defekt zu vermeiden. Nach den ersten Stopps lag Häkkinen immer noch in Führung. Dann kam ein Phantom-Funkspruch, den Häkkinen so interpretierte, dass er noch einmal reinkommen solle, um sich neue Reifen zu holen.

Doch die Mechaniker waren nicht bereit und so verlor er in Runde 36 die Führung. Coulthard übernahm die Führung und lag zwölf Sekunden vor Häkkinen. Doch der Schotte wurde angewiesen, Häkkinen wieder vorbeizulassen. Drei Runden vor Schluss überholte der Finne seinen Teamkollegen.


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Das wurde damals von vielen Fans kritisiert, denn sie hatten viel Geld bezahlt, um ein spannendes Rennen zu sehen, aber sie fühlten sich betrogen. Sie wollten keine Show sehen, die schon vor dem Rennen abgesprochen war. Das ging so weit, dass sich sogar der Motorsport-Weltrat einschaltete.

1998 ein Jahr voller Stallorder

1998 ging es mit einer anderen Situation munter weiter: In Belgien gab es in La Source einen heftigen Abflug, die Hälfte des Feldes schied aus. Der Regen in den Ardennen sorgte zunächst für Chaos, sodass das Rennen erst mit einer Stunde Verspätung neu gestartet werden konnte. Bei diesem Neustart übernahm Damon Hill von Platz drei aus die Führung, da Pole-Setter Häkkinen in einen Dreher geschickt wurde, der auch Johnny Herbert zurückwarf.

Coulthard und Alexander Wurz kollidierten, sodass Schumacher den zweiten Platz erbte. Der Deutsche machte nun Jagd auf seinen Titelrivalen von 1994 und 1995. In der achten Runde ging Schumacher an Hill vorbei. Der Ferrari lief unter diesen Bedingungen sehr gut und Schumacher fuhr einen Vorsprung von drei Sekunden auf den Jordan-Piloten heraus. Doch dann kam die Wende.

Schumacher fuhr auf Coulthard auf, der nach dem Zwischenfall mit Wurz wieder auf die Strecke kam. Blind fuhr er auf den McLaren in Pouhon auf. Coulthard versuchte, Schumacher vorbeizulassen, doch der Deutsche krachte in das Heck des McLaren. Beide mussten das Rennen sofort aufgeben.

Schumacher gegen Hill

Hill übernahm wieder die Führung, doch sein Teamkollege Ralf Schumacher kam mit Siebenmeilenstiefeln immer näher. Unter dem Druck seines Teamkollegen wandte sich Hill, der 1996 den Titel gewann, an seinen Teamchef Eddie Jordan. "Ich sage euch etwas, und ihr solltet besser zuhören", sagte er. "Wenn wir gegeneinander fahren, könnten wir mit leeren Händen dastehen. Es ist deine Entscheidung, Eddie. Du musst etwas sagen. Wenn wir uns nicht angreifen, ist der Doppelsieg möglich."

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Damon Hill gegen Ralf Schumacher: Die Entscheidung fiel am Funk Zoom Download

Jordan brauchte ein paar Runden, um sich zu entscheiden. Schumacher ließ sich von seinem Renningenieur Sam Michael sagen, was zu tun sei. Am Funk herrschte Stille, dann kam der Funkspruch: "Ralf, bestätige". Der Deutsche antwortete knapp: "Ja, Sam". Das war's: Hill behielt die Führung und Jordan holte seinen ersten und einzigen Doppelsieg in der Formel 1.

Doch das hatte weitreichende Folgen, denn das Schumacher-Lager war außer sich. Michael Schumacher sorgte für die finanziellen Mittel, um seinen jüngeren Bruder bei Jordan herauszukaufen. So fuhr Ralf Schumacher 1999 für Williams.

Das Verbot der Stallorder

Das Jahr 2002 war ein Meilenstein in der Formel 1: Es war nicht das erste Mal, dass Ruben Barrichello für Michael Schumacher Platz machen musste. Eine Saison zuvor hatte Barrichello seinen Teamkollegen ziehen lassen, als Coulthard gewann. Aber das geschah wie so viele Jahre unter dem Radar, bis Österreich 2002.

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Rubens Barrichello musste für Michael Schumacher Platz machen Zoom Download

Ferrari dominierte die Saison 2002, weshalb der Positionstausch als völlig unnötig angesehen wurde. Barrichello führte alle Runden des Grand Prix an. Er startete von der Poleposition und hielt Schumacher hinter sich. Es gab einige Zwischenfälle wie den Motorschaden von Olivier Panis oder den Crash zwischen Nick Heidfeld und Takuma Sato. Der Brasilianer lag auch nach den Safety-Car-Phasen in Führung.

Schumacher führte das Rennen nur kurz an, da Barrichello zu seinem letzten Stopp kam. Danach war die Reihenfolge wieder hergestellt. Dann gab Teamchef Jean Todt seinem Technikchef Ross Brawn einen Zettel. Barrichello musste Platz machen, wehrte sich aber zunächst. Dann bellte Jean Todt über Funk: "Lass Michael für den Titel durch."

Barrichello sichtlich frustriert

Barrichello wartete bis zum letzten Moment und ging in der letzten Kurve vom Gas, um seinem Unmut Luft zu machen. Schumacher siegte, aber die Reputation von Ferrari litt. Auf dem Podium gab es Buhrufe, auch als Barrichello ganz nach oben steigen durfte. Daraufhin wurde die Stallorder verboten, aber acht Jahre später war Ferrari wieder der Protagonist.

2010 sind es Felipe Massa und Fernando Alonso. Der Automobil-Weltverband FIA verbot eine klare Stallorder über Funk, weshalb Codes zum Einsatz kamen. In Deutschland 2010 verbarg Ferrari seine Stallorder jedoch kaum. Massa lag beim Start an dritter Stelle, ging in Führung und hielt Alonso hinter sich. Massa wurde von seinem Ingenieur angewiesen, sich gegen Alonso zu verteidigen. Alonso sprach mit seinem Ingenieur, einem gewissen Andrea Stella. Der Spanier beschwerte sich, dass er nicht vorbeigelassen wurde.

Ferrari musste eine Entscheidung treffen, und da Alonso im Vierkampf um die Weltmeisterschaft noch ein Wörtchen mitzureden hatte, kam in Runde 49 die Anweisung. "Fernando ist schneller als du", hieß es in Richtung Massa, der den Spanier in der Haarnadelkurve passieren ließ. Danach kam von Rob Smedley: "Okay, mein Freund. Jetzt bleib einfach da, es tut mir leid".

Verbot wieder aufgehoben

Die Stallorder war verboten und Ferrari musste 100.000 Dollar Strafe zahlen. Doch die FIA sah ein, dass die Teams nicht zu stoppen waren und hob das Verbot wieder auf. Seitdem ist Stallorder wieder völlig regelkonform.

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Webber war mit Vettel sichtlich unzufrieden Zoom Download

Weiter geht es mit Malaysia 2013: Zu Beginn des Rennens regnete es und Mark Webber führte das Feld an. Sebastian Vettel kam mit Slicks an die Box, verlor dann aber viel Zeit, weil die Strecke noch zu nass war. Am Ende der siebten Runde kam Webber rein und behielt die Führung vor seinem Red-Bull-Teamkollegen.

Zu diesem Zeitpunkt verschlissen die Pirelli-Oneus sehr schnell und das Reifenschonen begann. Vettel beschwerte sich, dass Webber zu langsam fuhr und machte mächtig Druck. Doch er wurde zurückgepfiffen, denn auch er sollte seine Reifen schonen. Viermal mussten beide Piloten an die Box und jedes Mal verteidigte Webber seine Führung. Nur einmal lag Vettel kurz in Führung.

Vettel widersetzt sich

Nach den Stopps kam der Funkspruch: Beide Fahrer sollten auf "Multi-Map 21" wechseln. Das war ein Code, denn Webbers Startnummer 2 sollte vor Vettels Startnummer 1 bleiben. Teamchef Christian Horner sagte Vettel zwar nicht deutlich, dass er seine Position halten sollte, aber eigentlich war alles klar. "Das ist dumm, Seb, komm schon", sagte Horner dann zu Vettel, der Webber attackierte.

In der 46. Runde überholte Vettel seinen Teamkollegen in Kurve 4 und fuhr mit einem provokanten Siegesschwenk auf der Zielgeraden als Erster über die Ziellinie. Webber sagte: "Multi 21, Seb. Ja, Multi 21". Auf dem Podium meinte der Australier dann: "Seb trifft seine eigenen Entscheidungen und wird wie immer beschützt:" Vettel gab den Fehler später zu, sagte aber: "Ich war im Rennen, ich war schneller, ich habe ihn überholt und gewonnen."

Der nächste Fall führt uns nach Russland 2018. Valtteri Bottas war auf der unbeliebten Strecke in Sotschi schon immer besonders schnell. Dort holte er 2017 auch seinen ersten Sieg in der Formel 1. In der Saison 2018 stand er auf der Poleposition und alles sah nach seinem ersten Saisonsieg aus, da sein Teamkollege Lewis Hamilton Probleme hatte.

Hamilton von Bottas durchgelassen

Hamilton befand sich zu diesem Zeitpunkt im Titelkampf mit Vettel und hatte die Chance auf den fünften Titel seiner Karriere. Die Chancen standen gut, denn Vettel war in Deutschland in Führung liegend in der Sachs-Kurve in die Mauer gekracht. So übernahm Bottas in Russland die Führung und Hamilton kämpfte mit Vettel. Der Brite überholte den Deutschen im Laufe des Rennens und übernahm den zweiten Platz.

Während Hamilton seine Position festigte, erhielt Bottas einen Funkspruch von seinem Ingenieur Tony Russ: "Du musst Lewis in dieser Runde in Kurve 13 vorbei lassen." Der Finne setzte die Anweisung prompt um, wodurch Hamilton seinen Vorsprung in der Gesamtwertung auf 50 Punkte ausbaute. Bottas war nicht glücklich. James Vowles sagte: "Valtteri, hier ist James. Es gab das Risiko mit Lewis gegen Vettel. Er hatte nur einen kleinen Vorsprung. Wir mussten sichergehen, dass wir das eintüten. Ich verstehe dich."

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