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James Allison: Formel-1-Formkurve strahlt ab ins Privatleben
Ist das Team schlecht, dann ist der Urlaub verhagelt: Mercedes-Technikchef spricht über die Auswirkungen des Jobs auf das Privatleben - Keine Reue über Rückkehr
(Motorsport-Total.com) - Nach zweieinhalb schwierigen Jahren scheint Mercedes wieder zurück zu sein. In Silverstone konnte das Team bereits das zweite Rennen in Folge gewinnen. War der Erfolg in Spielberg noch Glück und auf die Kollision von Max Verstappen und Lando Norris zurückzuführen, so schlug man diese in Großbritannien aus eigener Kraft.
Für das ganze Team war das eine enorme Erleichterung, denn wie schwer die jüngsten Misserfolge auch auf das Privatleben vieler Mitarbeiter drücken, weiß Technikchef James Allison: "Wir existieren nur zu einem Zweck, nämlich mit Autos auf die Strecke zu gehen, die nicht nur um Rennsiege, sondern auch um Meisterschaften kämpfen können", sagt er im Podcast Beyond the Grid.
"Und das haben wir in letzter Zeit nicht geschafft."
"Und das ist unser ganzer beruflicher Zweck: Wir verbringen viel mehr Zeit bei der Arbeit als zu Hause. Und wenn das Auto nicht so ist, wie es sein sollte, gibt es niemanden, dem man die Schuld geben kann, außer sich selbst", so Allison.
Das heißt aber auch: Wenn es in die richtige Richtung geht, dann herrsche bei allen Zufriedenheit und Erleichterung, aber geht es in die andere Richtung, dann sorgt das natürlich für Missstimmung - beruflich und auch privat.
"In gewisser Weise wird das ganze Leben jedes einzelnen Teammitglieds von einer Position in der Tabelle von diesem Carbon-, Titan- und Aluminiumding beeinflusst", sagt er. "Es bestimmt, ob du deinen Urlaub genießt, wie glücklich du in der Familie bist, ob du schläfst, wie viel du isst ..."
"Es deckt einfach jeden Bereich deines Lebens ab, weil du es nicht aus deinem Kopf bekommst, bis du auf einem guten Weg bist", so Allison. "Es ist also mehr als eine Erleichterung. Es ist einfach ein völlig unausweichlicher Teil deines Lebens, der gut sein muss, damit die Dinge gut sein können."
Allison spürt auch das Privileg
Darüber beschweren will sich der Technikchef aber nicht, denn Mitleid abgreifen möchte er für seinen Job nicht, auch wenn er eine Menge Druck spüre. "Du spürst aber auch das Privileg", merkt er an.
"Vor allem, wenn man verliert und wenn man morgens zur Tür hereinkommt und weiß, dass man eine Rolle dabei spielt, dafür zu sorgen, dass wir alle nicht all diese schwierigen Gefühle haben, sondern dass wir sehen, wie wir uns da herausmanövrieren können."
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Und dieses Privileg sei "enorm", wie er betont, und mache die Schwierigkeiten erträglich. Und er weiß auch: Wenn man alles hinbekommt und wieder an der Spitze ist, dann wird es das alles wert sein.
"Ich weiß, dass das ein bisschen lächerlich klingt", sagt er. "Und wenn Aliens uns beobachten würden, dann würden sie sich fragen: Warum spielt das überhaupt eine Rolle? Aber das tut es."
Entscheidung zur Rückkehr war nicht leicht
Allison selbst hatte sich nach dem Tod seiner Frau Rebecca 2016 vorrübergehend aus der Formel 1 verabschiedet, war 2017 aber wieder als Technikchef bei Mercedes eingestiegen. 2021 überließ er jedoch Mike Elliott das Feld und wechselte in die Position des Technischen Leiters, wo er nicht mehr in das direkte Tagesgeschäft eingebunden war.
2023 folgte allerdings die Rolle rückwärts und Allison übernahm wieder seinen alten Posten. Die Entscheidung sei ihm aber nicht leicht gefallen, wie er verrät: "Das war kein No-Brainer", stellt er klar.
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Denn ihm ist klar, dass er dadurch auf eine ganze Reihe an Dingen verzichten muss: "Man verzichtet darauf, zu Hause zu sein und mit der Familie, die man liebt, Zeit zu verbringen", sagt er.
"Ich habe das Glück, eine Enkelin zu haben, und ein weiteres Enkelkind ist unterwegs, und die Entscheidung, zu bleiben, bedeutet zwangsläufig, dass man weniger Zeit mit den Menschen verbringt, mit denen man gerne mehr zusammen wäre."
"Es ist also keine einfache Entscheidung. Aber alles in allem war es etwas, das ich tun wollte. Und zum Glück habe ich die Rückendeckung meiner Partnerin Chloe und meinen Kindern, dass es ein lohnenswerter Tausch ist."