• 14. Juni 2024 · 17:15 Uhr

Kommentar: Carlos Sainz wird zur ersten Bewährungsprobe für Audi

Wechselt Carlos Sainz zu Audi - ja, nein, vielleicht? Die Entscheidung des Formel-1-Fahrers für oder gegen den deutschen Hersteller sendet ein wichtiges Signal

(Motorsport-Total.com) - Noch ist Audi nicht in die Formel 1 eingestiegen. Aber natürlich laufen beim Sauber-Team in Hinwil in der Schweiz schon die Vorbereitungen auf 2026, wenn das Werksteam erstmals an den Start geht. Bis dahin schafft Andreas Seidl als Sauber-Geschäftsführer die notwendigen Grundlagen. Und er steht jetzt vor seiner bisher größten Herausforderung.

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Carlos Sainz, Nico Hülkenberg (Fotomontage in Audi-Overalls) Zoom Download

Denn natürlich will Audi sein Formel-1-Projekt mit Fahrern bestreiten, die versiert genug sind, um die sportliche Großaufgabe ab 2026 entscheidend mitzutragen. Und der Zeitpunkt für die Fahrersuche ist günstig: So viel Bewegung wie dieses Jahr ist nicht immer drin im Formel-1-Fahrermarkt. Selbst einige Topfahrer mussten oder müssen sich für die Zukunft neu orientieren.

Und so hat Audi frühzeitig Nico Hülkenberg ins Team geholt. Ein guter Schachzug, denn Hülkenberg ist eine feste Größe in der Formel 1 und noch dazu Deutscher. Das passt zum neuen deutschen Werksteam. Wenngleich Hülkenberg wohl nicht allzu viele Alternativen hatte, um weiterhin Grands Prix zu bestreiten. Aber das ist hier nur eine Randnotiz.

Denn anders liegt der Fall beim zweiten Fahrer, und der soll eigentlich Carlos Sainz heißen. Doch so einfach ist es nicht ...

Dabei schien Sainz bereits gesetzt zu sein als Audi-Fahrer. Denn Red Bull und Mercedes haben sich - zum Glück für Audi - anderweitig entschieden. Jetzt aber tauchen plötzlich Schwierigkeiten auf. Und das kann für Audi zum Problem werden.

Klar ist nämlich: Der Hersteller braucht einen Spitzenfahrer, um die Glaubwürdigkeit seines Projekts zu erhöhen. Sainz als aktueller Ferrari-Fahrer und als mehrfacher Rennsieger würde diese Glaubwürdigkeit mitbringen.

Jetzt bietet auf einmal noch Williams mit!

Doch seit einigen Wochen ist ebenso klar: Auch Williams als ein Privatteam hat Sainz ein Angebot gemacht. Und sollte sich Sainz am Ende gegen Audi und für Williams entscheiden, wäre das ein harter Schlag für das neue Audi-Werksteam.

Denn Sainz gilt als ein sehr vorsichtiger Fahrer. Er und sein Management wägen sorgfältig alle Aspekte ab, bevor sie eine Entscheidung treffen, die einen großen Wendepunkt in seiner Formel-1-Karriere darstellen wird. Und fiele seine Wahl schließlich auf Williams, was hieße das dann für Audi? Sehr wahrscheinlich, dass Sainz eben nicht das Vertrauen in Audi hat, mittel- bis langfristig Erfolge zu erzielen.

Ein Fahrer, der ein Formel-1-Team perspektivisch bewerten muss, kann das natürlich nur basierend auf der Gegenwart tun. Und die ist im Fall Sauber wenig verlockend: Aktuell belegt das Team den letzten Platz in der Formel-1-Konstrukteurswertung, ist bislang der einzige Rennstall noch ohne Punkte in der Saison 2024. Das ist sicher nichts, was man einfach so übersieht in seiner Bestandsaufnahme.

Sauber ist das Audi von Morgen

Natürlich prangen die vier Ringe erst in zwei Jahren auf den Autos aus Hinwil. Aber die Vorarbeiten für das 2026er-Auto beginnen nun mal am 1. Januar 2025. Und die Entwicklung daran bestreiten die Leute, die jetzt schon bei Sauber arbeiten. Sie werden Verstärkung kriegen, aber Wie viel Verstärkung und wann, dahinter steht ein Fragezeichen.

James Key als Technischer Direktor ist zwar schon seit einem Jahr bei Sauber (er ist am 7. Juni 2023 eingestellt worden) und das Team strebt 300 neue Mitarbeiter an. Doch es wird einige Zeit dauern, bis diese 300 Personen gefunden und überzeugt sind, in die Schweiz zu ziehen. Geschweige denn, bis sie tatsächlich ihre Arbeit in Hinwil aufnehmen.

Und in der Zwischenzeit gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass die neuen Eigentümer nach Höherem streben. Sicher: Das kann eine Strategie sein. Denn je kleiner die Ausgangsbasis, umso größer ist das Potenzial zur Steigerung.


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Das heißt aber konkret: Aktuell scheitern die Sauber-Fahrer häufig schon im ersten Qualifying-Abschnitt und fahren im Rennen um die goldene Ananas. Valtteri Bottas und Guanyu Zhou mokieren sich darüber nur sanft. Scharfe Töne sucht man bisher vergebens. Aber zufrieden sind sie mit der Situation sicher nicht.

Sainz' Entscheidung hat Signalwirkung

Und so warten alle auf die Signalwirkung, die die Entscheidung von Sainz für oder gegen Audi entfalten wird: Geht er tatsächlich zu Williams, spricht das für eine geringe Glaubwürdigkeit des Audi-Vorhabens und es werden Zweifel gesät.

Es ist genau diese Bewährungsprobe, die Seidl als Sauber-CEO nun zu meistern hat.

Denn eine Niederlage im Transferpoker gegen ein Spitzenteam, das wäre zwar ebenso unerfreulich, aber wenigstens verständlich gewesen. Aber eine Absage zu kassieren, weil der erklärte Wunschfahrer lieber zu einem Team wechselt, das in den zurückliegenden 20 Jahren gerade mal ein Rennen gewonnen hat und das nur die Hälfte für Sainz' Dienste bieten kann, das spielt auf einem ganz anderen Niveau.

Und so hofft man in Hinwil wohl auf ein gutes Ende und auf Sainz als Audi-Fahrer für 2026. Sonst wird die nächste Sitzung mit dem Aufsichtsrat des Rennstalls wohl nicht besonders angenehm.

Hinweis: Der Originalartikel ist bei unserer Schwesterplattform im Motorsport Network erschienen, bei Motorsport.com Italien.

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