Werde jetzt Teil der großen Community von Formel1.de auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über die Formel 1 und bleibe auf dem Laufenden!
Ricciardo kontert Villeneuve-Kritik: "Der erzählt doch immer nur Scheiße"
Die Formel 1 hat einen handfesten Beef: Daniel Ricciardo kontert Jacques Villeneuves Kritik mit starkem Qualifying auf der Strecke - und noch härterer Ansage danach
(Motorsport-Total.com) - Auch wenn Daniel Ricciardos Platz in der Formel 1 aufgrund der jüngsten Entwicklungen am Fahrermarkt bedenklich wackelt, "nach Hause gehen", wie es ihm Jacques Villeneuve mit seiner Knallhart-Kritik am Freitag beim Großen Preis von Kanada nahegelegt hatte, wird der Australier so schnell wohl nicht - schon gar nicht nach diesem Qualifying:
© Motorsport Images
Ist es der Schweigefinger oder findet Ricciardo die Kritik einfach nur zum Kotzen? Zoom Download
Platz fünf im Racing Bull, nur 0,178 Sekunden hinter der Pole, ist am Samstag eine klare Ansage des 34-Jährigen an alle Zweifler - und doch ein laues Lüftchen im Vergleich zu der Ansage, die Ricciardo nach dem Qualifying in Richtung seines Chefkritikers richtet: "Ich habe gehört, dass er Scheiße erzählt hat. Aber das tut er immer", kontert Ricciardo Villeneuves Aussagen.
Und legt nach: "Ich glaube, er hat sich ein paar Mal zu oft den Kopf gestoßen. Ich weiß nicht, ob er Eishockey spielt oder so", spottet Ricciardo in Anspielung auf die Nationalsportart der Kanadier.
Während der Aussie für Kanada betont viel übrig hat, wie er am Wochenende nicht zuletzt mit seinem Helmdesign im kuriosen Ahornsirup-Look unter Beweis stellt, scheint sein Respekt für den einzigen kanadischen Formel-1-Weltmeister nach der Verbalattacke verloren gegangen zu sein:
"Ich werde ihm keine Zeit widmen, all diese Leute können mich mal am Arsch lecken", beendet Ricciardo das Villeneuve-Thema mit dem nächsten Knaller.
"Motivator" Villeneuve: "Er braucht scheinbar den Druck"
Der Weltmeister von 1997 muss nach dem Qualifying selbst schmunzeln, sieht es mit dem sensationellen fünften Startplatz des Getadelten doch plötzlich so aus, als hätte Ricciardo ihn eines Besseren belehrt - doch Villeneuve bemüht sich in seiner Rolle als Experte bei Sky um Einordnung: "Es funktioniert gut, das Auto liegt ihm dieses Wochenende, und wenn das der Fall ist, dann zeigst du dein Bestes. Aber das war ein gutes Qualifying."
"Wenn er vier, fünf, sechs Rennen so weitermachen kann, dann wird es gut sein. Aber er hat ja selbst gesagt, dass es ihm dieses Jahr an Konstanz mangelt", will Villeneuve den angezählten Australier nicht so schnell vom Haken lassen. "Er kriegt weiter seine Chancen, obwohl es eine harte Saison war. Er muss es auf der Strecke zeigen und heute war es ein gutes Qualifying, so muss er weitermachen."
Einen kleinen Seitenhieb kann sich Villeneuve aber auch nicht verkneifen: "Wie Christian (Horner) schon gesagt hat, er braucht scheinbar das Anschubsen und den Druck. Es hat also funktioniert, das hat sich ausgezahlt", lacht der Champion von 1997 in Bezug auf seine harten Worte vom Vortag und seine spezielle Rolle als "Motivator".
Perez und Tsunoda fix, Ricciardos Optionen schwinden
Wut im Bauch hin, zusätzliche Motivation her, für Ricciardo ist der Auftritt in Kanada auch deshalb kein leichter, weil Red Bull im Vorfeld erst die gleich zweijährige Vertragsverlängerung mit Sergio Perez bekanntgegeben hat, und die Racing Bulls am Samstag auch noch offiziell den Verbleib von Stallkollege Yuki Tsunoda im Team verkündeten.
Ein Aufstieg Ricciardos zum A-Team ist damit vom Tisch, ein Verbleib bei seinem aktuellen Arbeitgeber auch akut gefährdet, drückt von der Reservebank doch Junior Liam Lawson nach, und stehen mit Isack Hadjar und Ayumu Iwasa gleich noch zwei weitere Talente aus dem Red-Bull-Nachwuchskader Schlange.
Die Worte von Motorsportberater Helmut Marko, die Racing Bulls seien immer noch ein Juniorteam, dürften Ricciardos Ohren mit Blick nach vorne ebenso spitz werden lassen: "Da muss man sich überlegen, was in Zukunft passieren wird", hatte Marko Ricciardo im Interview mit Sky mehr als deutlich angezählt.
Ricciardo beteuert indes mit Blick auf seine eigenen Leistungen: "Dieses Jahr war nicht wirklich immer eine Frage des Speeds, oder ob ich den noch habe. Es ging einfach um die Konstanz, die ich nicht Woche für Woche zeigen konnte. Es war definitiv schwieriger als ich erwartet hatte, aber ich weiß, dass der Speed da ist und das zeigt sich jetzt auch mehr. Dabei schaue ich zuerst auf mich."
"Man versucht natürlich immer, das Auto besser einzustellen. Aber ich habe das Gefühl, dass es mehr darum geht, dass ich mich wohlfühle - und ja, vielleicht kam das vor zehn Jahren leichter", gibt Ricciardo zu: "Vielleicht springst du als Junger einfach rein und fährst, und je älter du wirst, desto mehr Dinge gibt es drumherum, die involviert sind oder vielleicht auch im Weg stehen können."
Ricciardo: "Ich brauche keine Schulterklopfer mehr"
Genau deshalb hat der 34-Jährige kürzlich seinen Ansatz verändert: "Ich versuche einfach, das anzuerkennen und mit einem klaren Kopf ins Wochenende zu kommen", so Ricciardo.
Im Umkehrschluss hätte das Älterwerden aber auch so seine Vorteile: "Ich bin fast 35, ich brauche keine Schulterklopfer mehr in meinem Umfeld. Mir sind Leute lieber, die sehr direkt mit mir sind", erklärt der Racing-Bulls-Pilot, dass er zuletzt einen noch offeneren Austausch mit seinem Team und den Ingenieuren angeregt habe, der entsprechend "produktiv" und von "konstruktiver Kritik" geprägt gewesen sei.
Im Anschluss daran habe er sich nach dem letzten Rennen in Monaco deshalb auch ganz bewusst mit anderen Aspekten seines Lebens auseinandergesetzt, wie Ricciardo verrät: "Ich habe mir die ganze Zeit die Dinge auf der Strecke angeschaut: 'Ich kann hier später bremsen oder dies und das tun.'"
"Aber dann habe ich mir gedacht: 'Okay, was ist, wenn andere Dinge meine Leistungen beeinflussen? Komme ich vielleicht nicht mit genug Energie in ein Rennwochenende oder fühle ich dies oder das nicht?'", fragt sich der Australier und erklärt: "Ich habe nach Monaco etwas Selbsttherapie betrieben."
Diese Form der Psychohygiene hat offenbar Früchte getragen: "Ich bin in dieses Wochenende gekommen, mit einem etwas leichteren Gefühl, hungrig, happy und bereit zu sagen: Fickt euch!" Vor allem zu Jacques Villeneuve...
Immer wieder Kanada: Zehn Jahre nach dem ersten Sieg
Dabei fallen ihm die Auftritte in Kanada aus einem bestimmten Grund ohnehin immer besonders leicht, so Ricciardo: "Ich liebe die Strecke und heute, am 8. Juni, ist es genau zehn Jahre her, dass ich mein erstes Rennen hier gewonnen habe. Dieser Tag hat mein Leben verändert. Also viele schöne Emotionen, der Wohlfühlfaktor stimmt hier immer, wenn ich zurückkomme."
Deshalb sei es keine Überraschung, dass er vom ersten Tag des Wochenendes an auch im Auto "einfach Selbstvertrauen" gespürt habe: "Das Auto hat sich gut angefühlt, ich konnte damit ein bisschen rutschen und etwas aggressiver fahren, es hat sich so angefühlt, als hätte ich es im Griff", sagt Ricciardo, der diesen Eindruck mit dem starken fünften Platz bestätigt.
Teamkollege Tsunoda muss sich dem Australier am Samstag in Q3 hingegen um über zwei Zehntel geschlagen geben, der Japaner wird als Achter des Qualifyings abgewunken: Für die Leistung seines unter Druck stehenden Stallgefährten hat Tsunoda dennoch Lob übrig: "Daniel hat sich von Beginn an hier gut geschlagen. Er ist erfahren, er weiß also, wie er mit dem Druck umgehen muss."
Tsunoda lobt Ricciardo: "Viel von ihm gelernt"
Mit Blick nach vorne hätte Tsunoda wohl nichts gegen eine weitere Zusammenarbeit bei den Racing Bulls: "Er ist ein schneller Fahrer und ich habe schon viele Dinge von ihm gelernt. Also bis jetzt haben wir eine gute Beziehung", sagt der zehn Jahre Jüngere der beiden Racing-Bulls-Piloten.
Mit Blick auf seine eigene Performance am Samstag räumt Tsunoda ein: "Ich habe viel auf dem Tisch liegen gelassen, würde ich sagen. In Kurve zwei bekam ich eine etwas ungünstige Windböe ab und habe das Auto komplett verloren."
"In Q1 und Q2 war ich ziemlich konstant und immer in den Top-5", deutet der Japaner dennoch an, dass er Ricciardos Leistung hätte matchen können. "Gemessen daran, wie schlecht meine Runde war...", kann Tsunoda mit Rang acht am Ende ganz gut leben: "Es ist das erste Mal für das Team, dass beide Autos in den Top 10 sind. Also immer noch viel Positives."