Carlos Sainz: Was Perez' Miami-Start mit seiner Zukunft zu tun hat
Kaum Chancen bei Red Bull und Mercedes, dafür ein Audi-Angebot auf dem Tisch: Carlos Sainz steckt auf dem Transfermarkt der Formel 1 in einem Dilemma
(Motorsport-Total.com) - Carlos Sainz steckt in einem Dilemma. Er ist, neben Max Verstappen, aktuell eine der zentralen Figuren in der "Silly Season" der Formel 1. Und am liebsten würde er wahrscheinlich abwarten, ob nicht doch noch bei Red Bull oder Mercedes eine Tür aufgeht. Gleichzeitig hat ihm aber Audi signalisiert, dass man lieber heute als morgen unterschreiben würde und das zweite Cockpit neben Nico Hülkenberg nicht ewig freihalten wird.
Im schlimmsten Fall wartet Sainz umsonst auf Red Bull und Mercedes - und hat dann auch bei Audi kein Angebot mehr, weil dort vielleicht schon ein anderer Fahrer unter Vertrag genommen wurde. Die Alternativen zum Spanier gibt's. Sie heißen dem Vernehmen nach Esteban Ocon, Yuki Tsunoda, Pierre Gasly und Valtteri Bottas.
Man habe zwar "keine Frist" gesetzt, versichert Alessandro Alunni Bravi, der offizielle Repräsentant des Sauber-Rennstalls, der 2026 zum Audi-Werksteam wird. Aber er stellt klar: "Wir haben natürlich ein Ziel. Und wir wollen die für uns bestmögliche Option finden."
In der Gerüchteküche des Formel-1-Paddocks, in der viel geredet wird, aber nicht alles immer stimmt, hört man die Geschichte freilich anders. Audi soll Druck auf Sainz ausüben, sich zu committen. In manchen Medien war zuletzt sogar von einer Frist bis Ende Mai die Rede. Dann könnte man den Deal öffentlichkeitswirksam bei Sainz' Heimrennen in Barcelona Ende Juni bekanntgeben.
Miami: Wäre da beinahe ein Cockpit frei geworden?
Sainz' Problem ist womöglich, dass Sergio Perez bei seinem ambitionierten Manöver am Start in Miami nur um Zentimeter an Max Verstappen vorbeigerauscht ist. Hätte Perez den eigenen Teamkollegen dort abgeschossen, wäre das für seine Chancen auf einen Verbleib bei Red Bull nicht förderlich gewesen.
Ein teaminterner Crash wäre "zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt für ihn gekommen, würde ich sagen. Aber ist ja gutgegangen. Das war Können, dass er die Kollision vermieden hat", grinst Helmut Marko, Motorsportkonsulent von Red Bull, in einem Interview auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de. Angesichts Perez' aktueller Leistungen sei es "eine logische Folge, dass man sich auf eine weitere Zusammenarbeit einigt", findet er.
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Wenn Perez in den nächsten Rennen keine solchen Hauruckaktionen mehr startet und ordentliche Ergebnisse abliefert, gibt es aus Sicht von Red Bull keinen Grund, ihn auszutauschen. Für den Fall dass doch hört sich sein Management bereits um. Angeblich wurde auch zu Audi Kontakt aufgenommen. Vorerst ganz unverbindlich.
Was ist dran an der angeblichen Mercedes-Absage?
Die Story, dass Mercedes Sainz endgültig abgesagt hat, stimmt laut Informationen von Motorsport-Total.com nicht. Aber der scheidende Ferrari-Fahrer braucht möglichst rasch eine Antwort, und die kann ihm Mercedes nicht geben.
Toto Wolff lässt sich Zeit mit der Fahrerentscheidung, weil er bei diversen Tests erst herausfinden möchte, ob Andrea Kimi Antonelli das Zeug dazu hat, schon 2025 Stammfahrer an der Seite von George Russell zu werden.
"Carlos", sagt Wolff, "verdient einen Platz in der Formel 1. Er hat mit Ferrari in den vergangenen beiden Jahren Rennen gewonnen, er hat viel Erfahrung. Aber wir müssen zu Kompromissen bereit sein und warten, wie sich die Situation über den Sommer und im Herbst entwickelt."
Sprich: Es besteht zwar immer noch eine Minichance, dass man Sainz nehmen würde, sollte Antonelli doch nicht kommen - aber wenn, dann wäre das eine Entscheidung, die frühestens in der Sommerpause fällt. Wahrscheinlich zu spät für Sainz.
Wolff ist bereit, das Risiko einzugehen, auf den Spanier keinen Zugriff mehr zu haben, sollte der dann nicht mehr verfügbar sein. Denn: "Mit George haben wir ja einen großartigen Fahrer im Team. Jetzt warten wir ab, wer sein Teamkollege wird. Das ist eine Entscheidung, die wir nicht jetzt treffen müssen."
Sainz: "Mir wird nichts durch die Finger rutschen"
Sainz wiederum sagt, auf die angebliche Mercedes-Absage angesprochen: "Ich kann das nicht bestätigen. Sorry." Sorgen macht er sich nicht: "Ich weiß mehr drüber, was hinter den Kulissen passiert. Es gibt so viele Gerüchte, aber mir wird nichts durch die Finger rutschen."
"Ich werde alle Karten vor mir auf den Tisch legen und dann die richtige Entscheidung treffen. Ich kann nur sagen, dass ich aufgeschlossen an die Sache herangehe. Wenn es passiert, wird alles ganz schnell gehen. Es geht drum, dass ich mir alles zusammenstelle, wovon ich das Gefühl habe, dass ich es in meinem nächsten Vertrag brauche."
Dabei geht es Sainz nicht nur um die finanziellen Rahmenbedingungen und langfristige Sicherheit. Die könnte ihm Audi bieten. Audi ist aber ein Projekt, das erstmal aufgebaut werden muss. Die Entscheider im Team gehen davon aus, dass es mindestens bis 2027 dauern wird, ehe man in Richtung Podium schnuppern kann.
Sainz & Williams: Ein gestreutes Gerücht?
Ob Sainz so viel Geduld hat? Oder ob er dann vielleicht doch lieber ins Risiko geht, bei Williams andockt, wo er Wunschkandidat Nummer 1 von Teamchef James Vowles ist, sich dort nicht so lang binden muss wie bei Audi und womöglich frei wäre, sollte Ende 2025 zum Beispiel Mercedes entscheiden, den Vertrag von George Russell nicht zu verlängern?
Von außen betrachtet scheint Williams nicht so attraktiv zu sein wie ein Audi-Werksprogramm. Und Tatsache ist auch: Das Gerücht, dass Sainz dort andocken könnte, hilft beiden Seiten. Vowles, weil er in den Verhandlungen mit Bottas sagen kann, dass er auch andere Interessenten hat. Und Sainz, weil er gegenüber Audi nicht in Verlegenheit gerät, jedes Angebot annehmen zu müssen, weil er sonst keine Alternativen hat.
"Ich habe mich noch nicht entschieden", sagt der 29-Jährige, der übrigens kein Geheimnis draus macht, dass er am liebsten bei Ferrari geblieben wäre. "Ich habe mir keine Fristen gesetzt. Ich kann nur sagen, dass es in dieser Phase meiner Karriere eine wichtige Entscheidung ist. Ich werde dieses Jahr 30. Daher werde ich mir gut überlegen, welches mein nächstes Projekt sein soll."