Teamboss: Andretti-Entscheidung trifft die Formel 1, nicht der US-Kongress
Wie die Teams der Formel 1 dazu stehen, dass jetzt die US-Politik Einsicht in den Fall Andretti verlangt, und warum es nicht zwingend ein US-Rennteam braucht
(Motorsport-Total.com) - Verhelfen Politiker aus dem US-Kongress dem US-amerikanischen Team Andretti zum Formel-1-Einstieg? Zumindest der Justizausschuss befasst sich jetzt mit dem Thema und hat Liberty Media und der Formel 1 Fragen zum Bewerbungsprozess gestellt. Doch Sauber-Teamrepräsentant Alessandro Alunni Bravi lässt das kalt: Vom US-Kongress werde sich die Formel 1 nichts sagen lassen.
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Sauber-Repräsentant Alessandro Alunni Bravi im Formel-1-Fahrerlager 2024 Zoom Download
"Ich kann schon nachvollziehen, dass es für eine Regierung wichtig sein kann, Unternehmen aus dem eigenen Land zu unterstützen. Aber ich glaube, das hier ist eine Frage, die wir in der Formel 1 beantworten müssen, von den Stellen, die dazu berechtigt sind, eine solche Entscheidung zu treffen", meint er.
Das aktuelle Concorde-Agreement zwischen den Formel-1-Rechteinhabern Liberty Media, dem Automobil-Weltverband (FIA) und den zehn Teams sehe keine Einmischung von außen vor. Es gäbe schließlich bereits "sehr vernünftige Abläufe" für solche Belange wie die Zulassung von neuen Rennställen.
Im Rahmen dieser "Abläufe" hat der Weltverband schon vor Monaten seine Freigabe für Andretti erteilt. Wochen später aber lehnte die Formel 1 die Bewerbung des US-Teams ab.
Kein "Nein" für immer?
Das muss laut Bravi aber kein Nein für immer sein: "Wenn die Voraussetzungen stimmen, wird die Formel 1 nicht ablehnen. Da folgt man einfach einem Prozess, der für jedes Team gilt, auch für Andretti. Wir wollen niemanden aussperren. Im Gegenteil: Wir heißen jeden willkommen, der sichtbar einen zusätzlichen Wert schafft."
Was genau dieser "zusätzliche Wert" ist, dazu sagt Alunni Bravi an dieser Stelle nichts. Die Formel 1 aber fordert von einem Neueinsteiger, er müsse von Anfang an dazu in der Lage sein, um Podestplätze oder gar um Siege zu kämpfen.
Alunni Bravis Sauber-Team mit über 30-jähriger Formel-1-Historie wiederum steht aktuell an letzter Stelle in der Konstrukteurswertung und hat nach sechs Grands Prix 2024 noch keine Punkte.
US-Team? Wir haben ein US-Team!
Den Vorwurf der Heuchelei weist Alunni Bravi an dieser Stelle zurück. Es gehe um die "besten Interessen" der Formel 1 und er sei überzeugt davon, die Verantwortlichen würden diese "besten Interessen" in ihre Entscheidungen einfließen lassen - auch wenn das bedeute, dass es eben kein neues Team aus den USA gäbe, wenngleich die Formel 1 in Amerika zu den Boom-Sportarten zählt.
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"Nur, weil wir drei USA-Rennen haben und viele US-Unternehmen in der Formel 1 engagiert sind, heißt das ja nicht automatisch, dass wir auch ein Team aus den USA brauchen. Wir haben ja schon eines: Haas. Und wir haben ja auch keine Teams aus Saudi-Arabien oder Katar, nur weil wir dort fahren", sagt Alunni-Bravi.
Wie entscheidend die Nationalität ist für die Formel 1
Überhaupt spiele die Nationalität in der Formel 1 keine entscheidende Rolle, betont der Sauber-Repräsentant und verweist auf die Verpflichtung von Nico Hülkenberg ab 2025: "Audi ist zwar ein deutscher Hersteller, der seinen Antrieb in Deutschland produziert und [ab 2026] als deutsches Team antreten wird. Aber auf die Nationalität kam es [bei Hülkenberg] nicht an. Es ging um die Leistung."
"In der Formel 1 haben wir 20 Autos innerhalb von weniger als einer Sekunde. Im Mittelfeld geht es um eine Zehntel. So anspruchsvoll ist das Ganze. Da brauchen wir wirklich die weltbesten Fahrer, unabhängig von ihrer Nationalität."