Ricciardo hält Platz vier im Sprint: "Gut, um einige Leute ruhigzustellen"
Daniel Ricciardo feiert im Sprint von Miami endgültig seine Wiederauferstehung: Breites Grinsen beim Australier, Lob von Helmut Marko und Peter Bayer.
(Motorsport-Total.com) - Die Erleichterung war Daniel Ricciardo nach dem Sprint von Miami deutlich anzusehen: Seinen starken vierten Platz aus dem Sprint-Quali hat der Australier über 19 Runden verteidigen können und damit am Ende fünf Punkte eingefahren, die ersten seiner Saison.
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Stark: Daniel Ricciardo kann Carlos Sainz und Oscar Piastri in Schach halten Zoom Download
Dafür gibt es ein Extralob von Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko: "Es war ein sehr starkes Rennen von ihm. Er hat sich fair, aber unglaublich geschickt gegen Sainz, der wahrscheinlich im schnelleren Auto gesessen ist, verteidigt. Er hat das über die Renndistanz gebracht, und der vierte Platz ist die entsprechende Belohnung", sagt der Grazer im ORF: "Jetzt, mit dem Chassiswechsel, geht es aufwärts. Es war eine tadellose Vorstellung."
Am Start zieht der Racing-Bulls-Pilot sogar vorbei an Sergio Perez auf Rang drei, gegen den starken Speed des Red Bull ist bereits kurz nach Ende der Safety-Car-Phase allerdings kein Kraut gewachsen. Anders verhält es sich aber gegen Ferrari-Pilot Carlos Sainz, den Ricciardo selbst ohne DRS bis ins Ziel hinter sich halten kann.
Ricciardo: "Hatte keine Luft zum Atmen"
"Ich schwitze immer noch bisschen, ich hatte echt das ganze Rennen lang keine Luft zum Atmen", schnauft Ricciardo trotz der kurzen Renndistanz erstmal durch. Von Beginn an geht der Australier gegen die schnelleren Autos um sich herum All-Inn: "Ich habe einfach versucht mein Bestes zu geben. Und wenn die Reifen dann aufgeben, dann ist es eben so", erklärt Ricciardo bei Sky seine Herangehensweise, ehe er grinst: "Aber haben sie nicht."
"Jede Runde, die ich mich verteidigen konnte, war für mich wie ein Schulterklopfer", räumt der Racing-Bulls-Pilot im Ziel ein, wobei der größte Schulterklopfer selbstverständlich das dringend benötigte Erfolgserlebnis sei: "Jedes große Resultat fühlt sich natürlich so an als hätte man es gebraucht."
"Es ist ein glückliches und starkes Gefühl", freut sich Ricciardo darüber, seine Leistung vom Freitag zu bestätigen: "Das Quali war natürlich großartig, aber es über die Dauer eines Sprints zu unterstreichen, das ist noch zufriedenstellender. Es fühlt sich sehr gut an - auch, um einige Leute damit ruhigzustellen."
Durch den schwachen Saisonstart war der 34-Jährige zuletzt unter Druck geraten - allerdings eher medial und von außen, als teamintern, wie er nun klarstellt: Dass ihm sein Rennstall trotz der harten Zeit das Vertrauen geschenkt und weiter auf ihn gehört hat, freut Ricciardo besonders: "Dass es da keine Panik gab oder ein Infragestellen davon, was wir machen. Denn so beginnen dann wirklich negative Abwärtsspiralen."
Lob fürs Team: "Nicht den Panikknopf gedrückt"
Stattdessen habe man sich einfach gemeinsam auf die Suche nach Lösungen gemacht: "Ich habe ihnen gesagt: 'Lasst uns auf Kurs bleiben. Lasst uns nicht versuchen, das Rad neu zu erfinden. Ich bin gut, wir sind gut, wir kriegen das hin. Und glücklicherweise hat keiner den Panikknopf gedrückt", lobt der Racing-Bulls-Pilot. Was aber hat nun den plötzlichen Turnaround gebracht?
"Ich denke, es gibt zwei Dinge", so Ricciardo. Einerseits "hatten wir hier das Upgrade am Unterboden und ich glaube, das hilft uns in den schnellen Passagen." Andererseits, und für ihn persönlich noch viel wichtiger: "Wir haben das Chassis in China gewechselt und ich habe ehrlich gesagt sofort etwas gespürt. Ich habe einfach bisschen mehr Vertrauen gefühlt, was mir das Auto gegeben hat."
"Es war jetzt auch nicht weit entfernt, aber irgendwas hat einfach gefehlt", berichtet Ricciardo mit Blick auf sein altes Chassis. "Im Vergleich zu Yuki (Tsunoda) am Saisonbeginn, da hatte ich einfach das Gefühl, dass ich nicht das tun konnte, was er in den meisten oder zumindest vielen Kurven tun konnte. Ich wusste also, dass da etwas ist. Ich glaube wirklich, dass es etwas mit dem Chassis war. Vielleicht denkt das Team immer noch nicht so. Aber ich schon."
Racing-Bulls-CEO Peter Bayer pflichtet dem Australier allerdings bei: "Am Ende des Tages müssen wir dem Fahrer vertrauen. Das machen wir natürlich auch", sagt Bayer und verrät im ORF: "Gerhard Berger hat mir am Telefon vor kurzem erzählt, dass er ähnliche Momente hatte in seiner Karriere. Dementsprechend, ja, wir arbeiten sehr eng mit den Fahrern, sehr offen, sehr transparent."
Bayer überrascht von Effekt des Chassiswechsels
In Ricciardos Fall scheint sich das auszuzahlen: Denn die Folgen des Chassiswechsels hätten das Team dann auch "überrascht", wie Bayer zugibt: "An und für sich war an dem alten Chassis objektiv nichts falsch. Aber offensichtlich hat's für Daniel was gebracht." Außerdem "scheint der neue Unterboden auf Daniel maßgeschneidert zu sein. Deswegen funktioniert's jetzt", glaubt der CEO.
"Ich denke, ganz ehrlich: Dieser neue Unterboden bringt Abtrieb an der Front, und das hat Daniel immer gefehlt", erklärt Bayer. Gezweifelt habe das Team aber ohnehin nie am Australier: "Wir haben immer gesehen, dass er Sektorzeiten liefert, die sehr, sehr schnell waren. Gleichzeitig hat er sich nicht wohlgefühlt im Auto." Nun käme aber endlich wieder alles zusammen - und das "hat uns heute erlaubt, so ein tolles Ergebnis einzufahren".
Besonders der Start hat Bayer dabei beeindruckt: "Daniel hatte einen spitzen Start, ist supergut weggekommen. Er hat Perez dann relativ schnell ziehen lassen müssen. Das wussten wir aber, dass das in einer anderen Liga spielen wird. Aber wie er Sainz aufgehalten hat, wirklich, das war eine Meisterleistung."
Der Österreicher freut sich für seinen Schützling: "Die Schultern waren extrem breit, er hat gekämpft. Da war auch die Erfahrung zu sehen. Für uns ein Mega-Ergebnis, hätten wir uns nicht so erwartet. Dementsprechend feiern wir jetzt auch."
Allerdings nicht allzu lange: "Es ist aufregend, jetzt gleich noch ein Quali und Rennen zu haben. Ich muss etwas runter kommen und mir 30 Minuten nehmen, um einfach zu chillen", lacht Ricciardo: "Dann überlegen wir uns einen Plan fürs Quali. Wir können das Auto jetzt ja verändern - nicht, dass wir das wirklich wollen, aber wir müssen natürlich offen bleiben."
Im Rennen gibt es schließlich noch deutlich mehr Punkte abzustauben, die Ricciardo dank seiner wiedergefundenen Stärke am liebsten auch gleich mitnehmen möchte aus Miami.