Superlizenz beantragt: Wie schnell kommt Antonelli in die Formel 1?
Die FIA muss sich mit einem Sonderantrag für eine Superlizenz für Andrea Kimi Antonelli befassen - Toto Wolff betont, dass der Schritt nicht von Mercedes kommt
(Motorsport-Total.com) - Kommt Andrea Kimi Antonelli schon 2024 zu seinem Formel-1-Debüt? Nahrung haben diese Gerüchte am gestrigen Freitag in Miami erhalten, denn bei der FIA ist eine Anfrage eingegangen, dem 17-Jährigen eine Ausnahmegenehmigung für eine Superlizenz zu erteilen, bevor er Ende August 18 Jahre alt wird.
Ein Sprecher der FIA bestätigt: "Wir haben diesen Antrag erhalten und prüfen ihn gerade. Aber es gibt ein Verfahren, das eingehalten werden muss, und mehrere Personen/Kommissionen müssen abstimmen und zustimmen, da es eine Regeländerung erfordert."
Von wem die Anfrage gestellt wurde, ist offiziell nicht bekannt. Spekuliert wird über Williams, die als potenzielle Anlaufstelle für den Mercedes-Junior gelten und ihn als Ersatz für Logan Sargeant einsetzen könnten, der auch in seinem zweiten Formel-1-Jahr große Probleme hat und das Team nicht voranbringt.
Bei Mercedes gilt Antonelli als Kandidat auf die Nachfolge von Lewis Hamilton, der sich 2025 Ferrari anschließen wird. Derzeit absolviert der Italiener Testfahrten in einem alten Mercedes, um Formel-1-Kilometer zu sammeln, und mit einem vorzeitigen Einstieg bei Williams könnte man ihm so Rennerfahrung geben, bevor er im kommenden Jahr für Mercedes fährt.
Doch Motorsportchef Toto Wolff dementiert diese Pläne und sagt, dass Mercedes kein Interesse daran habe, von den ursprünglichen Planungen für seinen Youngster abzuweichen. "Die Ausnahmegenehmigung wurde nicht von uns ins Spiel gebracht, und wir haben von Anfang an erklärt, dass wir das nicht anstreben", stellt er klar.
"Ich weiß nicht, woher dieser Glaube kommt, dass Mercedes das unbedingt vorantreiben wollte. Kimi muss sich auf seine Formel-2-Saison konzentrieren und das weiß er auch", so Wolff. "Alles andere sind nur Gerüchte, die immer wieder kursieren und die sachlich falsch sind. Er ist ein Formel-2-Fahrer für Prema. Das ist es, was er tut, und darauf konzentrieren wir uns alle."
Wolff: Antonelli sitzt in Imola nicht im F1-Auto
Der Österreicher betont, dass man den 17-Jährigen nicht durch einen zu schnellen Aufstieg verheizen möchte: "Noch vor 15 Monaten saß er in einem Formel-4-Auto", sagt er.
"Wir haben großes Vertrauen in Kimi, seine Fähigkeiten und auch in seine Zukunft. Aber es gibt einen Weg, dem wir mit Sorgfalt folgen müssen, anstatt davon zu träumen, von einer Serie zur nächsten zu springen, was für ihn sicherlich nicht von Vorteil ist."
Einen Champion würde so etwas zwar nicht ablenken, "aber es lenkt mich ab, weil mich jeder fragt: 'Was ist dran, dass Kimi in Imola fahren wird?'"
Doch Wolff stellt klar: "Das wird nicht passieren! Das ist nichts, was Mercedes möchte. Diese Gerüchte sind außer Kontrolle geraten. Wir machen Formel 2, und als Team haben wir ganz andere Probleme, die wir lösen müssen."
Er glaubt, dass der Antrag von einer dritten Partei kommen muss und nun etwas Fahrt aufgenommen hat, weil Leute von dieser Idee begeistert sind. "Aber das ist sicherlich nichts, was wir von unserer Seite aus pushen."
Fakt ist zumindest, dass es diesen Antrag gibt. Das hat die FIA bestätigt. Und Fakt ist auch, dass es dabei nicht nur um eine Lizenz für ein Freitagstraining geht, weil es dafür eine eigene "Free Practice Superlicence" gibt, für die dieser Antrag nicht notwendig wäre.
Vowles: Sargeant muss seinen Platz verdienen
Williams-Teamchef James Vowles bestreitet am Freitag, dass er sich intensiv um Antonelli bemüht, gibt aber gleichzeitig zu, dass Sargeant zulegen muss, will er sein Cockpit im Team behalten.
"Ich weiß nichts darüber, was bei den Mercedes-Tests im Moment passiert", sagt Vowles. "Wir suchen wie alle anderen auch danach, wo wir in Sachen Fahrern für das nächste Jahr stehen wollen. Und wir haben unser eigenes Programm für junge Fahrer." Das Niveau von Antonelli könne er "nicht wirklich einschätzen".
Ja, Williams führt die Tests mit Antonelli nicht durch, doch es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Vowles einer Einschätzung von Wolff vertrauen würde, schließlich haben beide viele Jahre lang miteinander gearbeitet und schätzen sich.
Fotostrecke: Die Vertragslaufzeiten der aktuellen Formel-1-Fahrer
Franco Colapinto (Argentinien) ersetzt bei Williams Logan Sargeant und bestreitet ab dem Italien-Grand-Prix in Monza die restlichen Saisonrennen 2024. Mehr ist nicht vereinbart. Fotostrecke
Dass das Cockpit von Sargeant in Gefahr ist, daraus macht der Engländer aber kein Geheimnis. "Ich habe immer gesagt, dass es eine Leistungsgesellschaft ist", betont er. "Logan muss sich seinen Platz verdienen, und im Moment hat er ein paar harte Ziele, bei denen er viel näher an Alex herankommen muss."
Bislang hatte Sargeant aber seit seinem Formel-1-Einstieg alle Qualifying-Duelle gegen Teamkollege Alexander Albon verloren. Am Freitag feierte er seinen ersten individuellen Erfolg gegen den Thailänder im Sprint-Qualifying - allerdings nur, weil diesem seine schnellste Runde aufgrund von Tracklimits gestrichen wurde. Sargeant selbst wurde trotzdem nur 19. und Vorletzter.
Trotzdem betont Vowles: "Im Moment ist nichts auf dem Radar, um ihn zu ersetzen."
Williams hat andere Probleme als Fahrer
Denn: Obwohl Sargeant nicht die geforderte Leistung bringt, habe Williams derzeit größere Probleme als die Fahrer, denn auch Albon konnte in dieser Saison bislang noch keinen einzigen Punkt holen. "Im Grunde müssen wir unser Auto verbessern. Das ist mein Hauptanliegen, mehr als alles andere", so Vowles.
"Was Kimi betrifft, so muss man bedenken, dass es gerade einmal 20 Monate her ist, dass er in einem Formel-4-Auto saß. Das ist ein großer, großer Schritt nach oben in ein Formel-1-Auto in so kurzer Zeit."
Für den Moment, sagt Vowles, sei es seine Aufgabe, alles zu tun, um Sargeant zu unterstützen. "Am Ende des Jahres (2023; Anm. d. Red.) kam er nahe an Alex heran, was ich von ihm fordere. Aber diese Entwicklung muss weitergehen", sagt er.
"Er muss den Punkt erreichen, an dem er nicht mehr ein Zehntel hinter ihm liegt, sondern ihn herausfordert, ihn überholt und grundsätzlich schneller ist als er. Wir sind immer noch auf dieser Reise. Er hat noch mehr Arbeit vor sich."
Vowles: "Sargeant wird im Auto bleiben"
"Aber er ist auch einer der 20 besten Formel-1-Fahrer der Welt in der Startaufstellung, und dafür gibt es einen Grund", so Vowles. "Und hier in Miami, bei seinem Heim-Grand-Prix, nehme ich ihn auf meine Schultern und unterstütze ihn, denn das ist, was wir zu diesem Zeitpunkt tun sollten. Er sitzt im Auto. Er wird im Auto bleiben und meine Aufgabe hier ist es, ihn zu unterstützen."
Und trotzdem schwebt nach Freitag die Wolke Antonelli über diesem Thema. Die FIA hat die Anfrage erhalten und muss sich nun damit beschäftigen. Das könnte allerdings etwas dauern, denn für eine Regeländerung, die generell für 17-Jährige gelten könnte, muss der Antrag durch mehrere Instanzen laufen.
Erst muss die Arbeitsgruppe Superlizenz zustimmen, dann das Sicherheitskomitee und schließlich noch der Motorsport-Weltrat WMSC. Interessant: Die anderen Teams haben in der Theorie kein Mitspracherecht.