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Wette verloren: Norris tippte McLaren "35 Sekunden hinter Ferrari"
Wette verloren, Platz zwei gewonnen: Lando Norris wollte in China nicht an ein Podium glauben - deshalb sind der Brite und Teamchef Andrea Stella überrascht
(Motorsport-Total.com) - Was Red Bull kann, das kann McLaren auch, dachte sich Lando Norris am Sonntag wohl: Damit ist jedoch weniger das Kunststück gemeint, beim China-Grand-Prix aufs Podium zu rasen, wenngleich Norris das zur eigenen Überraschung gelang. Nein, es ging ums offenbar neue Lieblingshobby der F1-Stars: Wetten.
© Motorsport Images
Ferrari geschlagen: Damit hatte Lando Norris nun wirklich nicht gerechnet Zoom Download
Zur Erinnerung: Zuletzt in Suzuka hatten Sergio Perez und Christian Horner damit Bernie Ecclestone happy gemacht. Nun gesteht also auch Norris nach Platz zwei in Schanghai: "Ich habe eine Wette abgeschlossen."
Gegenstand dieser? Der Brite lacht: "Wie weit wir heute hinter Ferrari ins Ziel kommen werden. Ich dachte 35 Sekunden. Und damit lag ich ziemlich falsch", räumt Norris ein: "Also ja, glücklich mich selbst Lügen zu strafen mit meinen eigenen Wetten, aber ein guter Tag für alle (bei McLaren)."
Denn zu den "großen Überraschungen" des Tages, wie Norris sie nennt, gehörte nicht nur McLarens Pace, auch in Relation zu Red Bull, sondern ebenfalls "der Mangel an Pace von Ferrari", sagt der Brite. "Ich habe das alles nicht erwartet. Auch nicht, in so einem Rennen zu sein wie heute: Es hat für uns funktioniert, aber ich weiß nicht wie."
Norris: "Ich konnte die Reifen gut managen, was viel einfacher war als gestern noch. Und ich konnte attackieren. Das Auto fühlte sich großartig an und ich mich wohl, also ein guter Tag, gute Punkte und ein weiteres Podium. Ich bin zufrieden."
Stichwort Podium: Mit dem zweiten Podestplatz der Saison, nach Rang drei in Australien, baut Norris auch seine Rekordmarke für die meisten Podien ohne Rennsieg in der Formel 1 auf 15 aus. "Das habe ich heute echt nicht erwartet. Ich hatte schon alles vorbereitet, um mich früh auf den Heimweg zu machen - und nicht, um aufs Podium zu gehen."
Stella: Sprint-Pace machte wenig Hoffnung
"Es ist eine schöne Überraschung und zeigt, dass das Team einen guten Job gemacht hat. Wir arbeiten hart und das zahlt sich aus", so der McLaren-Pilot, der vor allem nach dem Sprint am Samstag nicht mit so einem Sprung gerechnet hatte. "Wir waren nicht so optimistisch, weil wir das ganze Jahr hinter Red Bull waren, auch hinter Ferrari. Wieso also sollten wir plötzlich denken, dass wir vor ihnen sind?"
Teamchef Andrea Stella stößt nach dem unerwarteten Podium in das gleiche Horn wie sein Fahrer: "Wir haben gestern im Sprint keine Racepace gesehen, die es uns erlaubt hätte vor Ferrari ins Ziel zu kommen. Und so hatten wir es ja auch im Vorfeld erwartet", erklärt Stella, der schon vor der Reise ins Reich der Mitte ordentlich tiefgestapelt hatte.
"Wir wussten, dass wir über eine Runde schnell sein können, aber aufs Rennen gesehen ist das schon eine Überraschung", sagt der Italiener, dem Norris beipflichtet: "Es gab keine Anzeichen für so ein großartiges Rennen."
Doch dann "erwachte irgendwie alles zum Leben, die Bedingungen waren aber auch kühler, der Wind ruhiger. Diese beiden Dinge haben uns wohl etwas in die Hände gespielt", begibt sich Norris auf Ursachenforschung für McLarens Aufschwung. Stella fügt hinzu: "Die fehlende Sonne hat es uns ermöglicht, die Hinterreifen unter Kontrolle zu halten, deswegen konnten wir die Stärken des Autos mehr ausspielen."
Norris scherzt: "Diesmal kein Fehler in Kurve eins"
Und dann war da natürlich noch ein Faktor, über den der Pole-Mann des Sprintrennens einen Tag später schon wieder lachen kann: "Wisst ihr, diesmal habe ich keinen Fehler in Kurve eins gemacht und bin zu weit rausgekommen", nimmt sich Norris nach dem Rennen in der Pressekonferenz selbst auf den Arm.
Gerade Kurve eins sei dabei allgemein entscheidend gewesen für McLaren an diesem Wochenende, verrät der Brite, denn: "So lange Kurven wie Kurve eins waren immer eine Schwäche von uns. Teile von Kurve eins waren jetzt aber besser als erwartet, der zweite Teil eher genau wie erwartet."
"Wir lernen also immer noch über das Auto, so einfach ist es. Diese Strecke ist sehr anders, der Asphalt ist sehr seltsam - vielleicht hat uns das etwas mehr geholfen, als wir gedacht haben."
VSC-Phase lang genug: Norris im Glück
Was Norris am Sonntag in jedem Fall half, war auch das virtuelle Safety-Car, das nach dem Defekt von Sauber-Pilot Valtteri Bottas ausgerufen wurde. Dabei sah es zunächst so aus, als könnte Norris zum großen Verlierer des Vorfalls avancieren, hatte er die Boxeneinfahrt doch gerade passiert ...
"Ja, da gab es erstmal ein paar F-Wörter und S-Wörter", bestätigt Norris seine erste Reaktion: "Es war absehbar, dass es ein VSC gibt, aber es kam irgendwie nicht raus, und ich habe zu mir gesagt: 'Ich wette es kommt raus, sobald ich um die letzte Kurve rum bin.' Und genauso war es dann auch."
Diese eine Wette gewann Norris also am Sonntag - immerhin und doch irgendwie zu seinem eigenen Leidwesen. Aber der Brite hatte Glück im Unglück, denn die Streckenposten bekamen Bottas' Auto nicht zeitnah aus der Gefahrenzone und so dauerte das VSC an: "Glücklicherweise ist es lange geblieben und wurde dann zum richtigen Safety-Car", sagt Norris, der wie viele Kollegen dadurch ebenfalls einen billigen Stopp abstaubt.
"Das war gut, unsere Strategie hat funktioniert", berichtet der McLaren-Fahrer: "Im ersten Stint habe ich mich gut gefühlt, konnte lange draußen bleiben. Wenn das VSC aber schon geendet hätte, bevor ich es an die Box schaffe, wäre ich natürlich deutlich genervter gewesen."
Doch es kam bekanntlich anders: "Die Dinge sind heute einfach für uns gelaufen, weil die Red Bulls deshalb nochmal stoppen mussten. Das hat mich vor 'Checo' gebracht und die Ferraris zwischen uns, was mich wahrscheinlich ein bisschen gerettet hat", glaubt Norris.
Doch auch ohne die Hilfe durch den geschenkten Boxenstopp unter VSC, zumindest für die Roten aus Maranello hätte es wohl gereicht, wie Teamchef Stella überzeugt ist: "Die gute Performance hat sich bereits im ersten Stint gezeigt - schon da waren wir ein bisschen schneller als Ferrari." Und nicht, wie zur großen Freude von Norris' Buchmacher, 35 Sekunden langsamer ...