Toto Wolff: Verstappen und Red Bull sind uneinholbar
Mercedes-Teamchef Toto Wolff resigniert bereits nach nur vier Rennen in der Formel-1-Saison 2024: Max Verstappen und Red Bull seien schon so gut wie Weltmeister
(Motorsport-Total.com) - Laut Mercedes-Teamchef Toto Wolff ist die Formel-1-Saison 2024 schon entschieden, obwohl gerade mal vier von 24 Rennen gefahren sind. Denn Red Bull und Max Verstappen seien zu dominant. "Niemand wird Max dieses Jahr einholen. Im Prinzip geht es nur noch darum, 'best of the rest' zu werden", sagte Wolff nach dem Japan-Grand-Prix in Suzuka.
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Max Verstappen mit dem Siegerpokal nach dem Formel-1-Rennen in Japan 2024 Zoom Download
Red-Bull-Teamchef Christian Horner widerspricht: Es sei "sehr früh, um das Jahr abzuschreiben", meint er. "Es stehen ja noch 20 Rennen aus." Dann stichelt Horner noch gegen Wolff, wenn er weiter sagt: "Ich habe über die Jahre gelernt, nicht zu sehr auf das zu hören, was Toto sagt."
Und auch Red-Bull-Sportchef Helmut Marko will nichts von einer Vorentscheidung wissen. Auf die entsprechende Frage bei oe24.at antwortet er: "Bitte lassen Sie mich damit in Ruhe! Wir sind erst vier Rennen gefahren, 20 kommen noch."
"In Melbourne haben wir gesehen, wie schnell sich alles drehen kann. Ferrari ist stark und zuverlässig, die dürfen wir noch nicht abschreiben."
So reagiert Verstappen auf Wolffs Komplimente
Aber Wolff bleibt bei seiner Einschätzung, dass Verstappen im Red Bull RB20 zu überlegen sei. Er schwärmt regelrecht: "Sein Fahrstil und das Auto sind einfach spektakulär. Man kann sehen, wie er mit den Reifen umgeht."
Diese Komplimente kommen vielleicht nicht von ungefähr, denn Verstappen ist Wolffs erklärter Wunschkandidat für die Nachfolge von Lewis Hamilton, wenn der siebenmalige Weltmeister 2025 zu Formel-1-Traditionsteam Ferrari wechselt.
Deshalb nimmt Verstappen Wolffs Äußerungen süffisant zur Kenntnis: "In letzter Zeit war Toto wirklich nett und hat viele nette Dinge über mich gesagt!"
Wie selbstbewusst Verstappen sein kann
Er selbst wolle aktuell aber "nicht zu viel über den Rest der Saison nachdenken", sagt Verstappen. Er nehme es "Rennen für Rennen", ohne allzu viel auf den aktuellen WM-Zwischenstand zu geben.
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Laut Marko könnte Verstappen jedoch etwas selbstbewusster auftreten, denn - so viel räumt der frühere Formel-1-Fahrer ein - die Ausgangslage sei ausgezeichnet: "Wir haben ein gutes Auto, aber dann macht Max noch einmal den Unterschied."
Beim Japan-Grand-Prix in Suzuka zum Beispiel sei eigentlich schon "alles klar" gewesen aus Sicht von Red Bull und Verstappen. "Aber dann ist Max noch diese unglaubliche schnellste Runde auf abgefahrenen Reifen gefahren", sagt Marko. Das sei "nicht aus Jux und Tollerei" passiert, "sondern um seine Message anzubringen: Hallo, ihr anderen seid nur da, um Zweiter zu werden!"
Mercedes gibt neues Saisonziel aus
P2 wiederum ist jetzt das neue Saisonziel von Mercedes-Teamchef Wolff. Tenor: "Wir können noch zu McLaren und Ferrari aufschließen und hoffentlich um den zweiten Platz kämpfen. So war es schon im vergangenen Jahr, und da sind wir Zweiter geworden."
Doch für eine Marke, die einmal mit dem Slogan "das Beste oder nichts" geworben hat, ist das keine erfreuliche Aussicht. Oder wie es Wolff selbst formuliert: "Wenn deine Erwartung darin besteht, irgendwann um Siege und Titel zu fahren, dann kann man sagen, wir befinden uns derzeit im Niemandsland, weil Max und Red Bull so weit vorne sind."
Ständig nur um die Verfolgerpositionen zu kämpfen, das sei "für kein Team befriedigend", betont Wolff. "Ich habe immer gesagt: Rein aus sportlicher Perspektive geht es nur um P1 und nicht um P2, P3 oder P4. Aber das ist im Augenblick unsere Realität und wir versuchen das Beste daraus zu machen."
Wolff: Mercedes muss selbst wieder tonangebend werden
Außerdem müsse man "anerkennen, dass jemand einfach einen besseren Job macht und damit die Messlatte setzt, die wir irgendwann uns selbst wieder setzen müssen. Und ob wir dieses Jahr Rennen gewinnen oder nicht, diesen Anspruch will ich weiterhin haben."
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Weil sich aber das Formel-1-Reglement im kommenden Jahr nur geringfügig ändert, sieht Wolff schwarz für eine Mercedes-Renaissance in der Saison 2025. Seinem Team werde es "im nächsten Jahr sicherlich nicht" gelingen, Red Bull abzufangen. Erst das neue Formel-1-Reglement 2026 verspreche einen "großen Neustart" und eine "realistische Chance".
"Bis dahin sind es allerdings noch eineinhalb Saisons. Und ich möchte in den nächsten 18 Monaten nicht noch mehr Leid erfahren", sagt Wolff. Er hoffe deshalb auf einzelne "Höhepunkte" und auf einen "Aufwärtstrend" bei Mercedes, mehr sei vermutlich nicht drin.
Spannung nur durch die Verfolgerkämpfe?
Das will Wolff ausdrücklich nicht als Kritik an Red Bull oder Verstappen verstanden wissen: "Wer vorne liegt, ist der verdiente Sieger." Doch dabei müsse es im weiteren Saisonverlauf nicht bleiben, denn Ferrari sei "näher dran" und im Ferrari-Windschatten könne auch Mercedes aufholen. "Es bleibt also spannend", meint Wolff.
Gerade die Duelle der direkten Red-Bull-Verfolger würden die Saison 2024 interessant gestalten. "Zwischen P2, P3 und P8 geht es manchmal ziemlich eng zu. Da wird es einiges an Action geben. Wir müssen einfach pushen, damit wir eine bessere Show abliefern und Red Bull herausfordern können", so der Mercedes-Teamchef.
Warum Verstappen nicht von einem Durchmarsch ausgeht
Und wer weiß? Vielleicht strauchelt Red Bull ja nochmals, so wie schon beim Australien-Grand-Prix mit dem technisch bedingten Ausfall von Verstappen.
Der WM-Spitzenreiter jedenfalls ist gewarnt und hat auch die Schwächen seines Red-Bull-Pakets im Hinterkopf, wenn er sagt: "Ich weiß, es kommen noch Strecken, die nicht so günstig sind für uns. Dort können vielleicht auch andere Teams gewinnen."
Vor allem Stadtkurse seien zuletzt eher problematisch gewesen für Red Bull, meint Verstappen. In Singapur hatte das Team 2023 die einzige Niederlage hinnehmen müssen. Nur dieses Rennen gewann kein Red-Bull-Fahrer.
"Ich glaube, unser Auto hat sich bei niedrigen Geschwindigkeiten verbessert", sagt Verstappen. "Aber natürlich geht es auf einem Stadtkurs nicht nur um niedrige Geschwindigkeiten, sondern auch um die Fahrbarkeit, um das Überfahren der Randsteine und das allgemeine Fahrverhalten des Autos." Und wie sich das mit dem RB20 darstelle, bleibe abzuwarten.