Leclerc gibt über Sainz-Siege zu: "Würde lügen, wenn ich glücklich darüber bin"
Charles Leclerc freut sich mit Ferrari, wenn sie gewinnen, doch dass sein Teamkollege Carlos Sainz die Siege holt, das freut ihn nicht
(Motorsport-Total.com) - Es ist schon eine seltsame Situation bei Ferrari. Eigentlich schien Charles Leclerc teamintern die Oberhand über Carlos Sainz zu haben. Der Monegasse gewann bis Melbourne acht Qualifying-Duelle in Folge und stellte seinen Ferrari dabei zwischen Austin 2023 und Dschidda 2024 sieben Mal in Folge in die erste Startreihe.
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Charles Leclerc freut sich mit Sainz, würde aber lieber selber gewinnen Zoom Download
Und trotzdem ist es Carlos Sainz, der sich als einziger Fahrer neben Max Verstappen in der jüngeren Vergangenheit in die Siegerlisten eintragen konnte. Der Spanier gewann seit Singapur nur zwei seiner Qualifying-Duelle gegen Leclerc: in Singapur und Melbourne. Also jene zwei Rennen, die Sainz am Ende auch gewinnen sollte.
"Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich glücklich darüber bin", sagt Leclerc über die beiden Siege seines Teamkollegen, während er selbst seit Spielberg 2022 auf einen Erfolg in der Formel 1 wartet.
"Siege sind wichtig, aber Punkte am Ende der Saison noch mehr. Trotzdem möchte ich, dass Ferrari so früh wie möglich gewinnt", betont er.
"Carlos hat bei den Siegen einen fantastischen Job gemacht, aber jetzt liegt es an mir zu reagieren und hoffentlich das nächste zu gewinnen", so Leclerc. "Aber dafür arbeite ich hart."
Der Ferrari-Pilot weiß, dass die Formel 1 ein schnelllebiges Geschäft ist, in der man meist nur so gut ist wie sein letztes Rennen. Alles andere davor wird vergessen. "Aber wenn ich auf meine letzten acht, neun Rennen schaue, dann waren sie auf einem sehr guten Niveau", stellt er klar. "Aber in den meisten Rennen war ein Sieg nicht möglich."
Doch er weiß auch: "Es liegt an mir, da zu sein, wenn sich die Möglichkeit ergibt." Und das war in den beiden Fällen eben nur Sainz. "Ich war es in Singapur und den anderen Rennen nicht, aber ich werde natürlich weiterhin Gas geben."
Leclerc: Kein Angriff auf Sainz in Melbourne
In Melbourne hatte sich Leclerc in sein Schicksal gefügt und Sainz nicht angegriffen, obwohl es die Möglichkeit gegeben hätte. Das hatte sein Team so verlangt. "Aber um ehrlich zu sein, war das auch sinnvoll", gibt er zu.
Denn Sainz war jeweils sieben Runden nach Leclerc zum Boxenstopp gekommen und hatte die deutlich frischeren Reifen. "Es wäre nicht gut für ihn gewesen, wenn er gepusht hätte, um sich gegen mich zu verteidigen. Gleichzeitig hatte ich noch viele Runden auf dem Reifen vor mir und bereits einige damit gedreht. Von daher war das für alle Seiten sinnvoll."
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Leclerc gibt zu, dass die Siegchance für ihn nach dem Qualifying bereits dahin war. Denn zum ersten Mal nach sieben Rennen hatte er sich nicht für die erste Startreihe qualifiziert, sondern war lediglich als Fünfter in das Rennen gegangen.
"Das lag klarerweise einfach an mir", hadert er. "Ich habe in Australien einfach keinen guten Job am Samstag gemacht. Ich hatte in Q3 etwas probiert, das nicht geklappt hat. Und so ist es nun einmal. Aber ich bin sicher, dass wir uns davon erholen werden."
Red Bull in Japan wieder klarer Favorit
Wann die nächste Siegchance für Ferrari kommen wird, weiß er nicht. Aber in Japan rechnet er nicht damit, dass Red Bull zu besiegen sein wird. Das zeigt alleine schon die Statistik: Seit der Rückkehr nach der Corona-Auszeit hat Max Verstappen jedes Rennen in Suzuka gewonnen.
Das letzte Mal, dass ein anderes Team außer Red Bull oder Mercedes in Japan siegreich war, war 2011. Und der letzte Ferrari-Sieg im Land der aufgehenden Sonne ist sogar bereits 20 Jahre her.
"Ich erwarte, dass Red Bull an diesem Wochenende die Oberhand haben wird", sagt Leclerc. Denn die Strecke in Suzuka kommt dem Ferrari SF-24 nicht unbedingt entgegen. Laut Leclerc habe man eher Vorteile auf Strecken, bei denen es Graining an der Vorderachse gibt. "Das war in Australien der Fall, und dort waren wir im Rennen sehr stark."
In Suzuka sei hingegen der generelle Reifenabbau wieder ein Thema. "Von daher rechne ich damit, dass Red Bull wieder zu alter Form zurückkehren wird."
Wann kommen die nötigen Upgrades?
Trotzdem geht Leclerc davon aus, dass Ferrari näher dran sein wird als 2023, wo er mit 44 Sekunden Rückstand auf Platz vier ins Ziel kam. "Vor allem an den Highspeed-Bereichen haben wir enorm gearbeitet, und das Auto sollte vorhersehbarer sein", sagt er. "Im vergangenen Jahr hatten wir viele Inkonsistenzen, von daher sollte es in die richtige Richtung gehen."
In der WM liegt die Scuderia aktuell nur vier Punkte hinter Red Bull, was laut Leclerc aber nicht die wahre Pace widerspiegelt. Stattdessen habe man es geschafft, die Punkteausbeute an Sonntagen zu maximieren. Und das möchte man weiterhin tun, bis mögliche Upgrades eine bessere Chance versprechen, Red Bull Siege streitig machen zu können.
Wann das soweit sein wird, vermag er nicht zu sagen. "Was ich aber sagen kann, ist, dass es sich verändern kann, je nachdem, was wir im Windkanal ausprobieren. Natürlich versuchen wir so viel wie möglich herauszuholen, um so früh wie möglich Teile produzieren zu können. Denn jedes Rennen, wo wir etwas früher bringen, sind potenzielle Punkte, die wir gewinnen."