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Formel-1-Technik: Was uns die Heckflügel der Saison 2024 verraten
In Dschidda hatten am vergangenen Wochenende mehrere Teams neue Heckflügel dabei - Warum diese beim aktuellen Reglement so eine wichtige Rolle spielen
(Motorsport-Total.com) - Die Dominanz von Red Bull in der neuen Bodeneffekt-Ära der Formel 1 hat viele Teams gelehrt, dass Aero-Effizienz entscheidend für den Erfolg ist. Abtrieb ist zwar nach wie vor ein wichtiger Faktor. Aber mit zu viel Luftwiderstand kommt man heute nicht mehr weit.
Die Vorteile sind daher enorm, wenn man ein Auto bauen kann, das stark auf einer Geraden ist. Viele von Max Verstappens Erfolgen beruhen darauf, dass er an der Spitze entweder unüberholbar ist oder aufgrund seines Topspeed-Vorteils mühelos durch das Feld pflügen kann.
Es ist jedoch nicht mehr so einfach wie früher, das richtige Maß an Abtrieb und Luftwiderstand für eine bestimmte Strecke zu finden. Früher waren die Heckflügel so konstruiert, dass die Flaps verstellbar waren, sodass man sie je nach Bedarf hoch- oder runterschrauben konnte.
Bei der modernen Generation von Heckflügeln und der Art und Weise, wie die Regeln gestaltet sind, sind die Winkel der Flaps festgelegt. Das bedeutet: Wenn ein Team deutlich weniger Luftwiderstand oder mehr Abtrieb haben möchte, muss es einen völlig anderen Heckflügel entwickeln.
In den ersten beiden Jahren der aktuellen Regel-Ära haben einige Teams diesem Bereich vielleicht nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt. Doch das hat sich jetzt geändert.
Luftwiderstand wird durch den Heckflügel bestimmt
McLaren-Teamchef Andrea Stella erklärt in diesem Zusammenhang: "Wenn man ein bestimmtes Auto hat, das relativ ausgereift ist, wie das 'Launch-Car', wird der Luftwiderstand durch den Heckflügel bestimmt."
Das heißt allerdings nicht, dass die Teams einen Flügel mit extrem niedrigem Luftwiderstand wählen und erwarten können, dass er automatisch funktioniert.
Bei den aktuellen Autos geht es vor allem darum, dass die einzelnen Aerodynamik-Komponenten miteinander kommunizieren, sodass man den Heckflügel nur dann trimmen kann, wenn man ein gewisses Vertrauen in die restliche Performance hat.
Stella erklärt: "Der Heckflügel steht in Wechselwirkung mit der Form der Karosserie, mit der Form des Unterbodens und mit den hinteren Bremsen." Er müsse also "in Harmonie mit dem Rest" des Autos stehen.
"Aber es ist nicht so, dass man das Konzept des Heckflügels ändern muss, weil man den Luftwiderstand ändert. Der Luftwiderstand wird in hohem Maße durch den Heckflügel bestimmt", so Stella.
Der Beweis dafür, wie sehr die Teams mit dem Luftwiderstand spielen, wurde am vergangenen Wochenende in Saudi-Arabien erbracht, als die Teams große Anstrengungen unternahmen, um den richtigen Ansatz für die erste Strecke mit geringem Abtrieb in dieser Saison zu finden.
Mercedes testet verschiedene Heckflügel
Mercedes setzte im Laufe des Rennwochenendes zwei verschiedene Heckflügel ein, um die richtige Leistungsbalance sowohl für das Qualifying als auch für das Rennen zu finden.
Beide Fahrer fuhren am Donnerstag in FT1 und FT2 mit weniger Abtrieb, aber Lewis Hamilton, vielleicht auf der Suche nach Antworten und etwas mehr Balance, wechselte in FT3 zu dem in Bahrain verwendeten Heckflügel für mehr Abtrieb.
Da beide Fahrer jedoch die Höchstgeschwindigkeit benötigten, die der Heckflügel mit weniger Abtrieb bietet, nutzten sie diesen für das Qualifying und das Rennen.
Was das Design betrifft, so sind die beiden Lösungen in Bezug auf ihre DNA vergleichbar, wobei der mittlere Teil der löffelförmigen Hauptebene eine geringere Sehne aufweist und der äußere Teil zur Endplatte hin weniger verjüngt ist.
Die Vorderkante der "Tip Section" scheint stärker als zuvor über die Endplatte gezogen zu sein und deckt den Metallbefestigungspunkt ab, der rittlings auf dem gerollten Übergang zwischen Hauptebene und Endplatte sitzt, wobei alle diese Flächen, einschließlich des hinteren Ausschnitts, einen Einfluss auf den entstehenden Wirbel haben.
Der obere Flap weist in der Mitte eine halbkreisförmige Kerbe auf, die von der Hinterkante abgetrennt wurde, um die Luftströmung in diesem Teil des Flügels besser zu steuern.
Interessanterweise schien Mercedes seinen Heckflügel mit weniger Abtrieb mit dem gleichen Beam-Wing-Arrangement zu kombinieren, den man auch in Bahrain mit dem Flügel mit höherem Abtrieb verwendet hatte, was im Gegensatz zu dem steht, was viele Rivalen in Saudi-Arabien taten.
Ferrari verzichtet auf neuen Heckflügel
Vor dem Grand Prix kündigte auch Ferrari an, über einen neuen Heckflügel mit weniger Abtrieb zu verfügen. Doch nachdem die Scuderia schon in der vergangenen Saison das Gleiche getan hatte, hat man den Flügel nie am Auto montiert und stattdessen das gleiche Design wie in Bahrain verwendet.
Man hatte jedoch noch einen weiteren Trick in petto, um den Luftwiderstand zu verringern und die Leistung auf der Geraden und in schnellen Kurven zu verbessern. So fuhr man nur mit einem einfachen Beam-Wing und nicht mit der Doppellösung, die beim SF-24 in Bahrain zum Einsatz gekommen war.
Der McLaren-Heckflügel mit geringerem Abtrieb weist zwei unterschiedliche Designmerkmale am oberen Flap auf. Damit reiht sich McLaren in eine wachsende Zahl von Teams ein, die eine mittige Kerbe an der Hinterkante des Flaps einsetzen.
Im Fall von McLaren ist man jedoch noch einen Schritt weiter gegangen, da der Flap auch um die Kerbe herum abgesenkt ist, um eine andere Strömungsumgebung auf dem Weg zum halbkreisförmigen Ausschnitt zu schaffen.
Ähnlich wie Ferrari entschied sich auch McLaren beim MCL38 in Saudi-Arabien für ein Beam-Wing-Arrangement mit nur einem Element.
Aston Martin greift Idee aus 2023 wieder auf
Aston Martin war ein weiteres Team, das in Saudi-Arabien einen neuen Heckflügel einsetzte, um den Abtrieb und den Luftwiderstand zu verringern. Und wie auch bei anderen Teams war die Hinterkante des oberen Flaps mit einer Kerbe in der Mittellinie versehen.
Auch der äußere Teil des Flügels wurde verändert: Die Hinterkante verjüngt sich und mündet in eine flachere "Tip Section", um den Abtrieb zu verringern und den in diesem Bereich entstehenden Wirbel zu beeinflussen.
An anderer Stelle am Aston Martin AMR24 bot Dschidda einen Blick auf eine weitere aerodynamische Lösung, die das Team 2023 ausprobiert hatte, sie aber nicht richtig zum Funktionieren brachte.
So wurde beim Großen Preis der Niederlande in der vergangenen Saison ein fliegenähnliches Winglet an der Crash-Struktur eingeführt, der jedoch bei den Boxenstopps beschädigt wurde, obwohl extra ein neuer Wagenheber entwickelt wurde.
Für 2024 hat das Team die Anordnung überarbeitet. Der AMR24 verfügt nun über zwei Winglets, von denen eines seitlich an der Crash-Struktur angebracht ist, während ein anderes, flacheres Winglet als das in der Vorsaison verwendete auf der Rückseite der Crash-Struktur sitzt.