• 18. Februar 2024 · 17:03 Uhr

Reifenmanagement: Darauf müssen die Fahrer achten

Das Reifenmanagement ist ein wichtiger Faktor in der heutigen Formel 1 - Darauf müssen die Fahrer während des Rennens achten

(Motorsport-Total.com) - Kaum ein Faktor spielt in der heutigen Formel 1 eine größere Rolle als die Reifen. Die Teams verbringen jedes Rennwochenende Stunden damit, die richtigen Temperaturen und Reifendrücke herauszufinden und den Verschleiß für das Rennen vorherzusagen. Schließlich ist das richtige Reifenmanagement der Schlüssel zum Erfolg.

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Das schwarze Gold: Die Pirelli-Reifen in der Formel 1 Zoom Download

Es gibt sie, diese Fahrer, die gerne als "Reifenflüsterer" bezeichnet werden. Im aktuellen Fahrerfeld haben sich beispielsweise Sergio Perez und Carlos Sainz den Ruf erarbeitet, den Reifen ewig am Leben erhalten zu können.

Um das bewerkstelligen zu können, braucht es ein gutes Set-up und den richtigen Umgang mit den Reifen im Rennen. Bringt man beide Faktoren zusammen, kann das zu einem signifikanten Vorteil in der Strategie führen.

Was bedeutet reifenschonendes Fahren in der Formel 1?

Reifenschonendes Fahren zielt darauf, den Verschleiß der Reifen so weit wie möglich hinauszuzögern, um die Lebensdauer zu erhöhen und neue Möglichkeiten in der Strategie zu öffnen.

Dabei kommt es sowohl im Qualifying als auch im Rennen darauf an, die Reifen auf die Temperatur zu bringen, bei der sie den maximalen Grip entfalten. Sind die Reifen zu kalt, rutscht der Fahrer auf der Strecke, wodurch der Reifenverschleiß erhöht wird. Sind sie wiederrum zu heiß, können bereits vor dem Ende einer schnellen Runde im Qualifying Blasen entstehen. Deswegen müssen die Fahrer immer die richtige Balance aus schneller Rundenzeit und verkraftbaren Reifenverschleiß finden.

Was begünstigt den Reifenverschleiß?

Formel-1-Reifen verschlechtern sich mit fortlaufender Einsatzdauer auf zwei unterschiedliche Arten: Über die Reifenabnutzung und über den Reifenverschleiß. Unter der Reifenabnutzung wird die negative Auswirkung der Temperatur auf den Reifen verstanden. Reifenverschleiß wiederrum bezeichnet die Abreibung der Reifenoberfläche auf den Asphalt.

Wird die Temperatur im Reifen zu hoch, löst sich seine Oberfläche deutlich schneller auf, was negative Auswirkungen auf den Grip hat. Fällt die Temperatur jedoch zu weit ab, rutscht das Auto über den Asphalt, was weiteren Reifenverschleiß befördert. Die Wirkung auf den Reifenoberfläche lässt sich mit der Wirkung von Schleifpapier auf Holz vergleichen.

Es gibt also verschiedene Dinge, die für den richtigen Umgang mit den Reifen beachtet werden müssen. Einige Sachen lassen sich managen, andere wiederrum müssen die Fahrer aushalten. Insgesamt ist der Umgang mit den Reifen für Fahrer und Ingenieure ein komplexes Thema, bei dem folgende Punkte eine wichtige Rolle spielen:

Das Streckenlayout

Es gibt verschiedene Arten von Kurven, bei denen die Reifen auf unterschiedliche Weise belastet werden und die den Reifen auf unterschiedliche Art und Weise abbauen lassen. Schnelle Kurven, insbesondere S-Kurven, erhitzen den Reifen ziemlich schnell. In Haarnadelkurven hingegen läuft der Fahrer eher Gefahr, herumzurutschen.

Der Asphalt

Rennstrecken bestehen aus unterschiedlichen Materialen. Der Asphalt kann dabei ziemlich weich oder aber rau wie Sandpapier sein. Suzuka ist beispielsweise eine Strecke, die für ihren Reifenabbau bekannt ist, da dort viele schnelle Kurven auf einen sehr rauen Asphalt treffen.

Die Wetterbedingungen

Kalte Wetterbedingungen fördern den Reifenverschleiß, während heiße Temperaturen den Reifenabbau begünstigen. Aus diesem Grund musste beim Großen Preis von Katar 2023 eine maximale Stintlänge eingeführt werden, um die Sicherheit der Fahrer zu gewährleisten.

Das Set-up

Die Abstimmung eines Autos hat enormen Einfluss auf die Reifen. Dabei spielen verschiedene Parameter eine Rolle: Die Aufhängung, die Fahrhöhe, der Schwerpunkt des Autos, die Aerodynamik und die Bremsbalance.

Der Fahrstil

Mit einer aggressiven Fahrweise lässt sich sehr schnell Reifentemperatur generieren. Verbremst der Fahrer sich, fängt er sich gerne mal einen Bremsplatten ein, der nicht nur für starke Vibrationen im Fahrzeug sorgt, sondern auch den Reifenabbau befördert.

Warum bauen einige Reifen schneller als andere ab?

In der Formel 1 kommen verschiedene Reifenkonstruktionen und Reifenmischungen zum Einsatz, die alle unterschiedlich schnell abbauen. Reifenhersteller Pirelli produziert fünf verschiedene Reifenmischungen für die Formel 1. Der härteste Reifen ist der C0, der weichste der C5.

Der C0-Reifen wird auf Strecken verwendet, die viel Energie aus dem Reifen herausnehmen. Gleichzeitig wird er so konstruiert, dass er von allen Reifenmischungen den wenigsten Grip dafür aber die längste Lebensdauer bietet. Im Gegensatz dazu steht der C5-Reifen, der sich besser für langsame Strecken eignet, auf denen es hauptsächlich auf mechanischen Grip ankommt. Der C5-Reifen produziert den meisten Grip, hat dafür aber die kürzeste Lebensdauer.

Vor jedem Rennwochenende wählt Pirelli drei von den fünf Reifenmischungen aus und markiert diese mit unterschiedlichen Laufflanken. Ein roter Farbstreifen steht dabei für die Softs, ein gelber für die Mediums und weißer für die Hards. In der Regel werden sie dabei nach Härtegrad geordnet, beispielsweise C0/C1/C2, C1/C2/C3, C2/C3/C4 oder C3/C4/C5.

Warum schonen Fahrer ihre Reifen?

Wenn Fahrer ihre Reifen im Rennen schonen, hat das hauptsächlich mit der Rennstrategie zu tun. Im Verlauf eines Rennwochenendes analysiert das Team die Leistung der Reifen und ermittelt anhand derer die beste Strategie für das Rennen. Auf der Grundlage von Computermodellen können sie die optimale Anzahl an Boxenstopps voraussagen und während des Rennens den Abbau der Reifen in jeder Runde nachvollziehen.

Für den Fahrer ist es also zwingend notwendig, sich im Rennen an die Vorgaben der Computersimulation zu halten, um die optimale Rennstrategie fahren zu können. Beansprucht er die Reifen zu stark, hat das negative Auswirkungen auf die Rundenzeit, was wiederrum Auswirkungen auf die Strategie hat. Das richtige Reifenmanagement spielt im Kampf um Positionen, Punkte oder sogar Podiums also eine immense wichtige Rolle.

Der Fahrer zielt also darauf, die richtige Balance zwischen Rundenzeit und Reifenabbau zu finden. Währenddessen analysieren die Ingenieure die Reifendaten in Echtzeit, um so schnell wie möglich auf das Geschehen auf der Strecke reagieren zu können. Sollte es nötig sein, können die Renningenieure ihren Fahrer jederzeit Anweisungen zu geben, schneller oder langsamer zu fahren.


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Einige Teams sind in dieser Disziplin besser als andere. Red Bull hat beispielsweise ein großes Team an Datenanalysten für die Rennstrategie, zwei Fahrer, die sehr gut im Reifenmanagement sind und ein herausragendes Auto, was für den Reifenverschleiß wiederrum enorm von Vorteil ist. Im Gegensatz dazu ist der Haas bekannt, den Reifen sehr stark zu beanspruchen.

Wie schonen Fahrer ihre Reifen?

In einem Formel-1-Auto ist eine Vielzahl an Sensoren verbaut, die den Zustand der Reifen erfassen. Darunter sind Drucksensoren, Wärmesensoren und Wärmeleitkameras. Die dabei gesammelten Daten helfen dem Team dabei, die momentane Situation zu erfassen und dem Fahrer durch das Rennen zu führen. Damit die Reifen möglichst lange am Leben bleiben, muss der Fahrer "nett" zu ihnen sein. Je vorsichtiger mit ihnen umgegangen, desto länger bleiben sie am Leben. Ist der Fahrer zu aggressiv, werden sie sehr schnell überhitzen. Folgende Faktoren haben Einfluss auf die Lebensdauer:

Die Reifenwahl

Um den Reifen möglichst lange am Leben zu halten, ist es zunächst notwendig, die passenden Reifen aufzuziehen. Damit das Team bei der Wahl nicht im Blinden fischt, sammelt und analysiert es Trainingsdaten. Auf deren Grundlage können sie vorhersagen, wie sich der Reifen verhalten wird, welche Reifen für das Rennen die richtigen sind und mit welchen Reifen sich das volle Potenzial des Autos ausschöpfen lässt. Deshalb kann es vorkommen, dass ein Team eine Dreistoppstrategie mit zweimal Softs und einmal Medium wählt, während ein anderes Team eine Zweistoppstrategie wählt, bei der der Fahrer von Softs auf Hards wechselt.

Die Reifentemperaturen

Die Teams benutzen Heizdecken, um die Reifen bereits vor der Fahrt in die Startaufstellung auf die optimale Temperatur zu bringen. Sobald das Feld in die Einführungsrunde geht, lassen die Fahrer häufig ihre Reifen durchdrehen, um schnell die nötige Temperatur vor dem Rennstart aufzubauen. Reifen, die später im Rennen aufgezogen werden, werden zuvor ebenfalls mit Heizdecken vorgewärmt, um sicherzustellen, dass sie die richtige Temperatur haben, sobald sie aufgezogen werden. Darüber hinaus lässt sich während einer Safety-Car-Phase beobachten, wie die Fahrer auf der Strecke Schlangenlinien fahren. Auch hier wird durch das schnelle hin- und herzucken Reifentemperatur generiert.

Das Set-up

Während des Rennens hat der Fahrer einige Möglichkeiten, mit den passenden Fahrzeugeinstellungen die Reifentemperatur zu beeinflussen. Ein häufig genommenes Mittel sind dabei die Einstellungen zur Bremsbalance. Das Team wiederrum kann während Boxenstopps mechanische oder aerodynamische Parameter verstellen. Kleine Veränderungen können dabei große Auswirkungen haben. Verschiebt man die Bremsbalance beispielsweise nach vorne heizen sich die Hinterreifen weniger auf, was ihre Lebensdauer positiv beeinflussen kann.

Darüber hinaus lässt sich mit einer Veränderung der Frontflügeleinstellungen mehr Anpressdruck auf der Vorderachse erzeugen, was bei einem rutschenden oder untersteuernden Auto hilft.

#Die Strecke voll ausfahren

Für jede Kurve gibt es eine Ideallinie. Dennoch hat der Fahrer einige Möglichkeiten, die Arbeitslast der Reifen ohne große Auswirkungen auf die Rundenzeit zu reduzieren. Er könnte beispielsweise später einlenken oder den Kurvenscheitelpunkt aus einem anderen Winkel heraus anfahren. Insgesamt geht es darum, die Kräfte, die beim Beschleunigen, Bremsen oder Einlenken auf den Reifen wirken, zu reduzieren.

Lift and Coast

Unter Lift and Coast wird der Vorgang verstanden, bei dem der Fahrer vor dem eigentlichen Bremspunkt der Kurve vom Gas geht, was es ihm ermöglicht, deutlich später zu bremsen. Dadurch entsteht im Reifen weniger Hitze. Einen vergleichbaren Effekt erzielt der Fahrer, wenn er nach der Durchfahrt des Kurvenscheitelpunktes behutsamer herausbeschleunigt. Dadurch lässt er zwar unter Umständen Zeit auf der darauffolgenden Geraden liegen, um den Reifen über einen kompletten Rennverlauf am Leben zu halten, macht es aber dennoch durchaus Sinn.

Behutsames Fahren

Ein behutsamer Fahrstil ist das A und O in Sachen Reifenmanagement. Dabei geht es besonders darum, wie stark ein Fahrer in die Kurven hineinbremst und aus ihnen herausbeschleunigt, denn je härter er auf das Brems- beziehungsweise Gaspedel tritt, desto stärker wird der Reifen beansprucht. Gibt ein Fahrer zu viel Gas, können die Hinterreifen im schlimmsten Fall sogar durchdrehen, was zu einem erheblichen Reifenverschleiß führt. Dasselbe lässt sich auf die Lenkbewegungen eines Fahrzeuges übertragen. Ein hoher Lenkeinschlag belastet den Reifen deutlich mehr als sanfte, gleichmäßige Lenkbewegungen.

Spielt das Reifenmanagement auch in anderen Rennserien eine Rolle?

Es gibt in jeder Rennserie eine andere Herangehensweise an Reifen, was dazu führt, dass das Reifenmanagement unterschiedlich stark ausgeprägt ist. In der Formel E werden beispielsweise Straßenreifenmischungen verwendet, wodurch das Reifenmanagement keine Rolle spielt. Die Rennstrategie dreht sich dort eher um das Management der Batterieleistung.

In der IndyCar-Serie und in der DTM ist das Reifenmanagement vergleichbar zu dem in der Formel 1, allerdings werden in beiden Rennserien keine Heizdecken verwendet. In der MotoGP kommen asymmetrische Reifen zum Einsatz, welche den Vorteil haben, dass sie gleichmäßig abbauen, auch wenn die Strecke mehr Rechts- als Linkskurven oder andersherum aufweist.

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