Mercedes-Technikchef: Formel-1-Ground-Effect-Autos "nicht so toll"
Mercedes-Technikchef James Allison kritisiert Ground-Effect-Autos in der Formel 1 - Er hält nichts von der Steifigkeit und Tiefe der Fahrzeuge
(Motorsport-Total.com) - Mit Beginn der Formel-1-Saison 2022 hat die Königsklasse die Ground-Effect-Autos eingeführt, die das Überholen bei den Grands Prix erleichtern sollen. Nun hagelt es Kritik von Mercedes-Teamchef James Allison, der von der Steifigkeit und der tiefen Straßenlage der Boliden nicht überzeugt ist. Am meisten Abtrieb erzeugen die Autos, wenn sie dicht über der Fahrbahn liegen.
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James Allison beklagt sich über die Ground-Effect-Autos der Formel 1 Zoom Download
Deshalb müssen die Teams eine Fahrzeugabstimmung wählen, die eine hohe Steifigkeit des Autos erzeugt. Das bedeutet, dass die Boliden so tief wie möglich liegen, die Aufhängung wenig Spiel hat und sehr steif ist. Das macht es den Teams nicht einfach, die richtige Fahrzeugabstimmung zu finden, und die Fahrer müssen mit Kompromissen leben, die nicht den maximalen Fahrspaß garantieren.
Allison spricht über den Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Reglement: "Ihr [die Medien] habt endlos über High-Rake-Autos und Low-Rake-Autos gesprochen, als wäre das der Anfang, das Ende und die Mitte von allem."
Kaum Möglichkeiten zur Abstimmung
"Ein High-Rake-Auto hat ungefähr 140 Millimeter [hintere Fahrhöhe]. Ein Low-Rake-Auto hat etwa 120 Millimeter oder so. Das sind die Bereiche im Vergleich zu diesen Autos. Die heutigen Autos liegen alle um die 60 Millimeter. Zwischen ihnen gibt es sicher noch ein paar Millimeter Unterschied, aber sie liegen alle nahe beieinander."
Aufgrund dieses engen Fensters sei es als Team kaum möglich, etwas an der Fahrzeugabstimmung zu ändern, so Allison. "Du könntest ein Auto haben, das etwas eindimensionaler ist, auf Strecken, die etwas eindimensionaler sind."
"Wenn es also keinen großen Geschwindigkeitskorridor gab, konntest du dein Auto auf die Kurven einstellen, in denen du gut bist. Man hat nicht so sehr unter dem Kompromiss gelitten". Auf abwechslungsreicheren Strecken - Allison nennt Austin als Beispiel - war das anders. Auf dem US-Kurs gibt es schnelle, aber auch sehr langsame oder mittelschnelle Passagen sowie Bodenwellen.
Selbst Top-Fahrer unzufrieden?
"Darunter hat die Performance der Autos gelitten", erklärt der Technikchef und fügt hinzu, dass das Auto sowohl am Ende einer langen Geraden als auch in den schnellen Kurven Abtrieb haben muss. "Es ist schwierig, ein Auto so abzustimmen, dass es mit all diesen unterschiedlichen Charakteristiken zurechtkommt, wenn es eigentlich nur am Boden liegen kann", sagt Allison über die neuen Autos.
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Selbst Fahrer wie Max Verstappen, der in der Ground-Effect-Ära sehr erfolgreich ist, haben laut Allison nicht hundertprozentig Spaß mit den Autos. "Ich persönlich glaube nicht, dass das eine gute Lösung ist", so der Mercedes-Technikchef, der sich mehr Bodenfreiheit und damit einen größeren Korridor für die Fahrzeugabstimmung wünscht.
"Ein Fahrer gewinnt die Meisterschaft mit einem der größten Abstände in der Geschichte, also hat er allen Grund, dieses Auto zu lieben", so Allison weiter. "Aber ich bezweifle, dass er sagen wird, dass es ein großartiges Auto ist. Es ist nicht mehr das, was es noch vor ein paar Jahren war."