Wer war gut und wer nicht: Die große Bilanz der Formel-1-Teamduelle 2023
Den Teamkollegen zu schlagen, hat in der Formel 1 für einen Fahrer oberste Prämisse: So schnitten die Piloten teamintern in Qualifying, Sprint und Rennen ab
(Motorsport-Total.com) - Der erste Feind ist der eigene Teamkollege, heißt es in der Formel 1 so schön. Zwar arbeiten die beiden Fahrer eines Teams für den eigenen Rennstall zusammen, doch natürlich möchte jeder den anderen so gut es geht schlagen, denn im Grunde ist das interne Duell das einzige, das man (unter den meisten Voraussetzungen) direkt vergleichen kann.
© Motorsport Images
Das Duell bei Mercedes war zumindest im Qualifying recht ausgeglichen Zoom Download
Daher wollen wir uns an dieser Stelle einmal Team für Team damit auseinandersetzen, wie sich die Stallgefährten untereinander schlagen: Welches Teamduell war ausgeglichen? Und welcher Fahrer hat jedes einzelne Qualifying-Duell verloren (Zur kompletten Übersicht aller Duelle)?
Zwischen diesen beiden Extremen ist unter den Teams alles vertreten. Geht es auch 2024 so weiter? Denn alle Stammfahrer am Ende der Saison 2023 werden ihre Cockpits auch 2024 behalten. Somit gibt es für den ein oder anderen die Chance auf Revanche.
Red Bull
Klare Sache für Max Verstappen. Der Weltmeister hatte Teamkollege Sergio Perez klar im Griff, was sich nicht nur in der Punktewertung (575:285) zeigt, sondern auch in den Qualifying- und Rennduellen. Beide konnte der Niederländer mit 20:2 für sich entscheiden.
Perez konnte Verstappen lediglich die beiden Poles in Dschidda und Miami sowie die Siege in Dschidda und Baku abnehmen - nach dem fünften (!) Saisonrennen gewann er kein einziges Duell mehr gegen seinen Teamkollegen.
Die beiden Qualifying-Niederlagen waren aus Verstappen-Sicht auch eher unglücklich: Der 15. Platz in Dschidda kam aufgrund eines technischen Problems an seinem RB19 zustande, und in Miami setzte der Unfall von Charles Leclerc dem Treiben ein Ende, bevor Verstappen in Q3 eine Zeit setzen konnte.
Auch bei den Wertungen der Sprints ist der gleiche Trend abzulesen: Lediglich in Baku hatte Perez die Nase vorne, danach räumte Verstappen alles gnadenlos ab.
Mercedes
Deutlich ausgeglichener war der Zweikampf bei Mercedes - genau ausgeglichen, um genauer zu sein. Denn im Qualifying-Duell schenkten sich Lewis Hamilton und George Russell nichts und beendeten das Jahr 11:11 Unentschieden. Auffällig war aber, dass meist einer weit vor dem anderen lag - ein Umstand über den sich Russell zuletzt gewundert hatte.
Mit zwei Abgängen in Q2 in Las Vegas und Abu Dhabi verhagelte sich Hamilton noch eine positive Qualifying-Bilanz gegen seinen Landsmann, der nach der Sommerpause immer in Q3 gekommen war.
Dafür ist die Rennbilanz eine deutliche - und zwar für Hamilton. 15 Mal hatte der siebenmalige Weltmeister am Sonntag die Nase vorn, lediglich sieben Mal war Russell der Stärkere, der 2022 noch eine deutlich bessere Leistung an den Tag gelegt hatte.
Zumindest eine Sache kann Russell für sich verbuchen: Die Sprintduelle gingen mit 4:2 jeweils an ihn. In Spa und Austin verlor er gegen Hamilton, die restlichen vier Duellsiege holte er sich jedoch.
Ferrari
Ebenfalls ziemlich ausgeglichen war die Angelegenheit bei Ferrari, wo Charles Leclerc erst im letzten Saisonrennen in Abu Dhabi an Teamkollege Carlos Sainz in der WM-Wertung vorbeiziehen konnte. Auch die Wertungen in Sprint und Shootout waren mit 3:3 komplett ausgeglichen, wobei die beiden letzten in Austin und Brasilien an Leclerc gingen.
Es war der Schlusssprint, der den Monegassen teamintern nach vorne brachte. Denn vor den letzten beiden Grands Prix lagen beide Fahrer in den Rennduellen gleichauf, doch mit zwei zweiten Plätzen schnappte sich Leclerc auch diese Wertung mit 12:10 am Ende. Allerdings muss auch erwähnt werden, dass Leclerc fünf Mal ausschied oder disqualifiziert wurde, Sainz nur zwei Mal.
Der einzige große Unterschied zwischen beiden Fahrern herrscht im Qualifying. Das Duell ging mit 15:7 recht deutlich an Leclerc, wobei auch hier die starke Schlussphase den Ausschlag gab.
Denn nach seinem Sieg in Singapur war Sainz auf 7:8 dran an Leclerc, der danach jedoch aufdrehte und alle sieben weiteren Qualifyings für sich entschied - inklusive drei Polepositions.
McLaren
Oscar Piastri hat für seine Rookiesaison eine Menge Lob bekommen, trotzdem war Lando Norris 2023 der deutlich stärkere Pilot bei McLaren. 15:7 heißt es am Ende aus seiner Sicht, wenn es um das Qualifying-Duell geht.
Dabei ist aber klar auffällig, dass sich Piastri im Saisonverlauf gesteigert hat. Bis Spa hatte der Australier nämlich nur ein Mal die Nase vorne, doch ab da schlug er Norris im Qualifying sogar mit 6:5.
Dafür spielte Norris an den Sonntagen seine Erfahrung aus und ließ Piastri kaum etwas liegen. Insgesamt lag Piastri nur in fünf Rennen vorne, nach der Sommerpause sogar nur zwei Mal: einmal in Katar und einmal in Las Vegas, als Norris auf einer Bodenwelle die Kontrolle über sein Auto verlor und verunfallte.
Piastris Höhepunkt der Saison waren aber die Pole und der Sieg beim Sprint in Katar. Ausgeglichen 3:3 steht es bei den Sprintduellen 2023, in den Shootouts hatte Norris aber mit 4:2 noch einen Punkt mehr auf der Habenseite.
Aston Martin
Das Duell bei Aston Martin ist eigentlich kein wirkliches, denn Fernando Alonso ließ im abgelaufenen Jahr keinen Zweifel daran aufkommen, wer der Platzhirsch im Team ist - und der Sohn von Teameigner Lawrence Stroll ist es auf jeden Fall nicht.
Alonso demontierte Stroll im Qualifying mit 19:3 und verlor nur in Barcelona, Spielberg und Sao Paulo gegen den Kanadier, in zwei von drei Fällen sogar nur um wenige Tausendstelsekunden. Stroll schied zwischen Monza und Mexiko sogar sechs Mal in Folge in Q1 aus.
Auch die Rennbilanz liest sich für Stroll nicht besser, denn auch dort war er nur drei Mal vor Alonso platziert, wobei er in Austin von einem Ausfall des Spaniers profitiert hatte. Mit etwas besseren Leistungen wäre für Aston Martin wohl mehr drin gewesen als nur der fünfte WM-Platz.
In den Sprint-Shootouts hatte Alonso sogar eine weiße Weste, abgesehen von Spa, wo beide Fahrer keine Zeit in SQ2 hatten und Stroll als 14. eine Position vor dem zweimaligen Weltmeister gewertet wurde. Strolls beste Bilanz sind wohl die Sprints selbst, wo er zumindest in Spa und Spielberg teamintern gewann.
Alpine
Denkt man an ein ausgeglichenes Teamduell, dann dürfte vielen vor allem Alpine in den Sinn kommen. Pierre Gasly und Esteban Ocon bewegten sich das Jahr über durchaus auf Augenhöhe und wurden am Ende Elfter und Zwölfter der Gesamtwertung, getrennt von lediglich vier Punkten.
Das wird auch in den Rennduellen sichtbar, wo sich Gasly am Ende mit 11:10 durchsetzen konnte. Ein Punkt ging dabei in Australien an ihn, wo beide Alpines miteinander kollidiert waren, Gasly aber am Ende vor Ocon klassiert wurde. Würde man diesen wegrechnen, wären beide wieder ausgeglichen.
Allerdings gehört zur Wahrheit auch dazu, dass Ocon mit sechs Ausfällen die meisten DNFs aller Piloten hatte, Gasly hingegen nur einen. Dafür hatte Gasly im Qualifying ziemlich sicher mit 14:8 die Nase vorn, vor allem in der zweiten Saisonhälfte.
Nach kleineren Anlaufschwierigkeiten beim neuen Team hatte er seinen Landsmann nach der Sommerpause diesbezüglich komplett im Griff und verlor nur in Singapur und Sao Paulo. Aber: Kamen beide ins Ziel, war im Rennen meist Ocon in diesem Zeitraum besser platziert.
Anders beim Sprint: Den dominierte Gasly mit 5:1 deutlich, das Shootout-Duell endete 3:3.
Williams
Kein Duell ist so eindeutig wie das bei Williams. Alexander Albon hat es geschafft, jedes einzelne Qualifying 2023 gegen Logan Sargeant zu gewinnen. Beim letzten Mal, als ein Pilot zu null verlor, war der Thailänder übrigens auch beteiligt - allerdings auf der anderen Seite. 2020 hatte er alle Qualifyings gegen Max Verstappen bei Red Bull verloren.
Die weiße Weste gilt dabei auch für den Sprint und den Shootout, denn auch bei den Kurzvarianten von Rennen und Qualifying ließ er sich kein einziges Mal vom Amerikaner schlagen, der in seiner Rookiesaison einen schwierigen Stand hatte, sein Cockpit aber trotzdem behalten darf.
Vor allem dass Sargeant in den letzten zehn Qualifyings (inklusive Shootouts) sechs Mal 20. wurde und das gleich vier Mal ohne relevante Zeit, darf ihm im kommenden Jahr nicht mehr passieren.
Auch im Rennen sah der Amerikaner nie vor Albon die Zielflagge. Seine drei Punkte beim 3:18 kamen jeweils nur durch Ausfälle des anderen Williams zustande.
AlphaTauri
Beim Red-Bull-Juniorteam müssen wir gleich drei Duelle beleuchten, weil Yuki Tsunoda gleich drei verschiedene Teamkollegen hatte. Zumindest im Qualifying behielt der Japaner gegen alle drei auch die Oberhand.
Erst bügelte er den später entlassenen Nyck de Vries mit 8:2, dann gewann er auch mit 4:1 gegen den kurzfristig eingesetzten Liam Lawson, der in Zandvoort aber komplett ins kalte Wasser geschmissen wurde. Am engsten wurde es gegen Daniel Ricciardo, den er nur mit 4:3 schlug.
Gegen den Australier wurde es auch in den Rennduellen knapp, auch hier gewann Tsunoda am Ende mit 4:3. De Vries hatte er mit 8:2 hingegen deutlich mehr im Griff. Überraschend war aber seine Niederlage gegen Lawson, der in vier der fünf gemeinsamen Rennen vorne war - bei zwei Ausfällen Tsunodas.
Und was sagen die Sprints und Shootouts? Da hatte er in beiden Wertungen mit 1:2 das Nachsehen gegen Ricciardo, gegen Lawson verlor er das einzige Shootout in Katar, gewann aber den Sprint gegen den Neuseeländer, der nach einem Abflug früh draußen war. Gegen de Vries gewann er im Shootout 2:0, allerdings stand es nach seinem Ausfall in Baku 1:1 in den Sprintduellen.
Alfa Romeo
Guanyu Zhou wollte sich in seinem zweiten Jahr in der Formel 1 deutlich steigern, doch so recht gelang dem Chinesen das nicht. In einem eher weniger beachteten Duell am Ende des Feldes holte Valtteri Bottas meist mehr aus dem C43 heraus.
Der Finne hatte in den Rennduellen mit 13:8 die Nase vorn, im Qualifying stand es sogar 15:7 aus seiner Sicht. Vor allem in den letzten Qualifyings hatte er seinen Teamkollegen im Griff und gewann acht der letzten neun Qualifyings - inklusive drei Q3-Einzügen.
Zhou startete im gleichen Zeitraum hingegen fünf Mal aus der letzten Startreihe, darf sein Cockpit aber auch 2024 behalten. Die Zielflagge sah er nach der Sommerpause aber auch nur zwei Mal vor dem Finnen, wenn beide ins Ziel kamen.
Zumindest war das Sprint- und Shootout-Duell ausgeglichen, denn beide besiegten den anderen dort jeweils in drei Fällen.
Haas
Auch eine recht deutliche Angelegenheit gab es bei Haas, wo Nico Hülkenberg eindeutig besser mit dem VF-23 zurechtkam. Kevin Magnussen hatte er im Qualifying mit 15:7 im Griff, obwohl der Däne im Vorjahr noch Mick Schumacher mit 16:6 besiegt hatte.
Seine Rennschwäche konnte Magnussen im Gegenzug aber nicht ausmerzen: 8:13 verlor er 2022 gegen Schumacher in den Rennduellen, zumindest einen Punkt mehr zum 9:13 konnte er gegen Hülkenberg holen. Dafür gelang Magnussen drei Mal der Sprung in die Top 10, Hülkenberg nur ein Mal: in Australien.
Dafür hatte der Deutsche deutlich mehr Q3-Einzüge zu verzeichnen: In acht Qualifyings war er bis zum Schluss dabei, das war bei Magnussen nur drei Mal der Fall.
Auch die Shootouts gingen mit 4:2 an Hülkenberg, dessen Highlight der vierte Startplatz in Spielberg war. Im Sprint war hingegen Magnussen vier Mal der interne Sieger. Punkte brachte ihm das aber keine, denn die einzigen Sprintzähler holte Hülkenberg - mit Platz sechs in Österreich.