
Liebe Formel1.de-Leser,
Schland oh Schland, beim Fußball bist du ein schwarz-rot-goldenes Fahnenmeer! Beim Motorsport waren die eingefleischten Fans da immer etwas anders: Fachlich komplett auf der Höhe, aber Flagge zeigen, nein, das war verpönt. Maximal eine Kappe, die einen als Fan - oder sorry, eher als Hobbyrennfahrer - auswies.
Das alles änderte sich etwas Anfang der 90er-Jahre. Mit "Schumi" hielt die Fankultur auch in der deutschen Formel 1 Einzug. Konnte man in den Jahren zuvor noch in Ruhe über die Tribünen marschieren, schwamm der Besucher spätestens seit Gewinn des ersten Titels 1994 im blauen Benetton-Fahnenmeer. Nach Michaels Wechsel zu Ferrari verirrten sich dann 100.000 "Rotkäppchen" im Wald rund um den Hockenheimring.

Und heute? Es ist immer noch was los auf deutschen Rennstrecken, Sebastian Vettel füllt mit vier Titeln auch schon mal gerne die Rennstrecken, auch wenn es nicht mehr wie zu "Schumis" Zeiten ist. Bin schon gespannt, welche Farbe 2014 dominiert, da sich neben Vettel mit Nico Rosberg im silbernen Mercedes ein weiterer Deutscher ebenfalls auf Titelreise begibt.
Und ein Erlebnis, egal ob Nürburgring oder wie dieses Jahr Hockenheim, ist der deutsche Grand Prix immer. Ein Gang über die Campingplätze reicht, um die Kreativität der Besucher zu bewundern. Okay, es muss ja nicht gleich um 8:00 Uhr morgens der Weckruf per Jägermeister erfolgen - auch schon gesehen, neben zahlreichen Bierduschen etc.
Die Interviewpartner in der Heimat sind in der Regel außergewöhnlich in jedem Sinne. Nie vergessen werde ich einen Rennsonntag, der für mich mit Nackenschmerzen endete. Der Grund war einfach: ein Interview mit Dirk Nowitzki und den Klitschko-Brüdern. Noch höher musste ich das Mikro nur einmal halten, als Shaq O'Neal zu Gast in Hockenheim war. Der Basketballer hatte zunächst versucht, in das Auto von Nick Heidfeld einzusteigen. Sein linkes Bein passte bis zur Wade, dann musste der Amerikaner aufgeben...
Die Politprominenz erscheint ebenfalls gerne mal zum Heim-Grand-Prix. So stellte mich Altkanzler Kohl seinerzeit ins Achtung, und das geschah folgendermaßen: In der Startaufstellung wird bei jedem Grand Prix die entsprechende Nationalhymne gespielt, allerdings ohne dass sich - wie im Fußball üblich - alle Beteiligten erheben. Mechaniker, Fahrer und Ingenieure gehen unbeirrt weiter ihrer Arbeit nach.
So wollte auch ich unbeirrt mein Interview mit Kanzler Kohl weiterführen, bis er mir auf die Schulter schlug: "Junge, sei ruhig, da kommt die Hymne!" So standen zumindest zwei Personen an jenem Tag in der Startaufstellung stramm. Ein besseres Timing erwischte ich seinerzeit bei Altkanzler Schröder am Nürburgring - das Interview gelang mir bereits vor Abspielen der Hymne.

© Lukas Gorys
Aber eine Gemeinsamkeit stellte ich doch fest: Beide Herren hatten im Vorfeld des Rennens die Vorzüge der jeweiligen Weingegend getestet. Warum auch nicht? Auch Politiker haben mal frei. Jetzt warte ich eigentlich noch auf ein Interview mit Kanzlerin Angela Merkel...
Besonders viel Spaß hatte ich auch im vergangenen Jahr am Nürburgring. Dort durfte ich die offiziellen Podiumsinterviews nach Rennende für die FOM (Formula One Management) machen. Wie gut, dass mit Sebastian Vettel ein Deutscher gewonnen hatte. Das war für die Stimmung unter den Fans sicher das Beste.

© Lukas Gorys
Für Michael Schumacher war es neben der Strecke immer die größte Herausforderung, unerkannt ins Fahrerlager zu kommen, denn sonst hätte er vermutlich aufgrund stundenlangen Autogrammschreibens seinen Start verpasst! Mit dem Motorrad oder im Kofferraum oder einfach durch den Wald, das waren die Anreisewege von Michael. Nur ein Versuch ging daneben, der mit einem falschen Schnurrbart.
Angesichts des deutschen Grand Prix möchte ich an der Stelle dann noch einmal aufrufen, ihm die Daumen zu drücken, damit die Wiedergenesung voranschreitet. Gute Besserung, Michael!
Hugh,