• 12. April 2012 · 13:22 Uhr

Button: Lieber Weltmeister als Pole-Position-König

McLaren-Pilot Jenson Button über die Enttäuschung von Sepang, die Schmerzen auf Hawaii und die Erwartungen in China: "Hier kann immer viel passieren"

(Motorsport-Total.com) - Nach der Nullnummer von Malaysia ist Jenson Button auf Platz drei der WM-Wertung abgerutscht. Der Brite hatte das Klassement nach seinem Sieg in Melbourne bis dorthin angeführt, doch Fernando Alonso und McLaren-Teamkollege Lewis Hamilton konnten vorbeiziehen. In China möchte Button die alte Reihenfolge wieder herstellen. Dabei kommt es dem Weltmeister von 2009 weniger auf das Qualifikationsduell gegen Hamilton an, sondern vielmehr auf das Tempo im Rennen.

Foto zur News: Button: Lieber Weltmeister als Pole-Position-König

Jenson Button möchte seinen Schanghai-Erfolg aus dem Jahr 2010 wiederholen Zoom Download

Frage: "Jenson, noch einmal ein kurzer Rückblick auf das Malaysia-Rennen. Du hast den Ruf, bei solchen Mischverhältnissen sehr gut zu sein. Warum lief es dort nicht?"

Jenson Button: "Es lief zu Anfang nicht schlecht, aber dann habe ich eben einen Fehler gemacht. Ich habe meine Hinterachse überbremst und bin mit Narain zusammengekracht. Damit waren meine Chancen dahin. Ich lag vorher lange Zeit direkt hinter Fernando, der später das Rennen gewonnen hat. Alle waren letztlich mit dem gleichen Speed unterwegs, somit konnte ich am Ende nicht mehr viel gutmachen."

"Das war ein Wochenende, das nicht so perfekt lief. Genauer gesagt: Es war weit davon entfernt, perfekt zu sein. Jetzt sind wir in China. Hier wollen wir das Ruder wieder herumreißen."

Frage: "Wie hast du die Zeit seit Malaysia verbracht? Man konnte dich schwimmen, fahren und laufen sehen auf Hawaii..."

Button: "Ja, Hawaii ist immer nett. Dort kann man herrlich entspannen. Dort interessieren sich nicht allzu viele Leute für die Formel 1, von daher ist es immer recht ruhig. Ich habe dort eine schöne Zeit mit ein paar Freunden verbracht. Der Triathlon hat viel Spaß gemacht und das Ergebnis war ganz gut. Ich bin dort richtig über die Schmerzgrenze gegangen, konnte dabei den Schmerz der Erfahrungen aus Sepang abschütteln. Anschließend war ich in Woking, habe PR-Dinge erledigt und im Simulator gesessen. Danach war ich auf dem Weg nach China noch für ein paar Tage in Japan beim Zwischenstopp."

Frage: "Lewis hat dich im Qualifying bisher zweimal besiegt. Kannst du hier zurückschlagen?"

Button: "Klar, es wäre schön, hier auf der Pole-Position zu stehen. Meine Qualifyings an den ersten beiden Rennwochenenden waren nicht schlecht, aber es fehlten eben eineinhalb Zehntel. Im vergangenen Jahr bin ich hier von Platz zwei gestartet, lag in der ersten Kurve vorne und hätte das Rennen womöglich gewinnen können. Hier kann immer viel passieren."

"Wir haben viel Arbeit vor uns, um das Auto hier passend für den Sonntag einzustellen. Im vergangenen Jahr hätten wir ein solch gutes Auto haben sollen, aber es hat bei mir nicht geklappt. 2011 war es ziemlich schwierig, die Reifentaktik perfekt auszuwählen. Es wird in diesem Jahr sicherlich einfacher, aber dennoch gibt es reichlich Arbeit. Dieser Kurs ist hart für die Reifen."

Frage: "Wird Lewis auch hier dein erster Rivale sein? Habt ihr Entwicklungen am Auto, sodass ihr eure Spitzenposition behaupten könnt?"

Button: "Die Entwicklung steht bei uns nie still. Ob es aber reicht, um vor allen anderen zu bleiben, ist immer die große Frage. Es stimmt schon, dass wir ein paar neue Teile dabei haben. Aber diese Neuerungen werden bezüglich Rundenzeit nicht allzu viel bringen. Ich gehe aber davon aus, dass niemand große Sprünge bei den Rundenzeiten machen kann. Bei all den Einschränkungen im Reglement, zum Beispiel beim angeblasenen Diffusor, ist es kaum möglich, große Sprünge zu machen. Vor allem nicht, wenn du schon vorne bist."

"Es ist gleichzeitig recht einfach für andere, irgendwelche Dinge beispielsweise von unserem Auto zu kopieren. Ich hoffe, dass wir genug getan haben, um weiterhin vorne sein zu können. Dieses Wochenende ist sehr wichtig, weil alle Teams in der Pause nachlegen konnten und hier wohl die letzten Updates vor dem Beginn der Europarennen anbringen. Hier liegt die größte Herausforderung darin, die Reifen passend zu nutzen. Es wird kühl sein, und man muss die passende Balance finden. Das ist an diesem Wochenende unser wichtigster Job."

Frage: "Im vergangenen Jahr wurde das Rennen über die Reifenstrategien entschieden. Wir es in diesem Jahr wieder so sein?"

Button: "Die heutigen Reifen sind einfacher zu verstehen als jene aus dem vergangenen Jahr. Das ist gut so. 2011 gab es extrem unterschiedliche Strategien. Mark Webber kam damals von Startplatz 17 und verdrängte mich in den letzten Runden von Platz drei. Im vergangenen Jahr waren alle noch auf der Suche nach den passenden Strategien, daher solch ein Durcheinander. In diesem Jahr wird es einfacher - zumindest wenn es trocken bleibt."

Frage: "Im teaminternen Duell führst du nach Siegen, aber Lewis hatte bisher alle Poles. Ist Lewis im Qualifying nahezu unschlagbar?"

Button: "In den ersten beiden Qualifikationen des Jahres war das wohl so, aber es kommen ja noch 18 solcher Veranstaltungen. Ich würde lieber die Fahrer-WM gewinnen als irgendeine Pole-Position-Wertung. Klar, natürlich würde auch ich gern von ganz vorne starten. Ich lehne mich jetzt nicht zurück und gebe mich mit Startplatz zwei einfach so zufrieden. Aber ganz ehrlich: Wenn ich am Ende des Jahres den Titel gewinne und in der gesamten Saison nicht ein einziges Mal auf Pole stand, dann wäre ich ziemlich glücklich..."


Fotos: Jenson Button, Großer Preis von China


Frage: "Ist euer Auto dermaßen viel besser als das Vorjahresauto, oder profitiert ihr derzeit von den Schwächen bei Red Bull und Ferrari?"

Button: "Ich denke schon, dass wir im sehr engen Rahmen des Reglements sehr gute Fortschritte im Vergleich zu 2011 machen konnten. Außerdem glaube ich nicht, dass Red Bull ein schlechtes Auto gebaut hat. Vielleicht haben wir im Winter einfach etwas bessere Arbeit geleistet. Ferrari ist bestimmt nicht dort, wo sie sich erwarten würden. Aber Red Bull hat auch jetzt ein ziemlich gutes Auto."

"Red Bull hat am Auto sehr viel verändert. Sie müssen sich noch an diesen neuen Wagen gewöhnen, bevor sie die volle Konkurrenzfähigkeit entfalten können. Ganz sicher sind die einer unserer größten Konkurrenten. Das haben sie schon in Australien gezeigt, wo deren Speed im Rennen wirklich gut war. Red Bull ist das Team, das wir erst einmal schlagen müssen."

Frage: "Dürfen wir am Sonntag wieder mit einem verregneten Rennen rechnen?"

Button: "Soweit ich weiß, soll es am Freitag regnen und am Samstag und Sonntag sehr wahrscheinlich nicht. Das ist ganz gut so, denn die Slicks verstehen wir ganz gut, die Regenreifen noch nicht so. Es ist hier sehr kühl und windig. Den Wind spürt man im Cockpit, aber nicht mehr ganz so sehr, wie zu den alten F-Schacht-Zeiten mit den großen Motorabdeckungen. Die Gegengerade ist hier sehr offen, dort fegt der Wind hinein. Man muss sich darauf einstellen und entsprechend der Windrichtung das Setup anpassen."

Frage: "Alle sechs Weltmeister im Fahrerfeld haben jeweils mindestens einmal in China gewonnen. Welche Erinnerungen hast du an deinen Sieg 2010 hier?"

Button: "Das sind tolle Erinnerungen. Es war damals mein viertes Rennen mit McLaren. Die Wetterbedingungen waren damals ziemlich schwierig. Das war ein extrem gutes, aber auch wirklich kniffliges Wochenende. Das war ein ganz wichtiger Sieg für mich. Dass ich in meiner ersten Saison mit McLaren in Melbourne und in China gewinnen konnte, war sehr entscheidend für mein gesamtes Jahr."

"Diese Schneckenkurve ist nicht gerade meine Lieblingsecke hier."Jenson Button
Frage: "Die ersten Kurven sind hier sehr speziell, sie ziehen sich immer weiter zu. Wie schwierig ist das?"
Button: "Es ist nicht ganz einfach, für diese Passage ein passendes Setup zu finden. Wenn du zu viel Untersteuern hast, dann lenkt das Auto in dem Bereich nicht gut ein - so war es im vergangenen Jahr bei mir. Wenn du aber zu viel Übersteuern hast, dann wird der erste Teil dieser Passage extrem knifflig. Das ist eine dieser furchtbaren Kurven, wo wir Fahrer ewig warten müssen, bis wir wieder auf das Gaspedal treten dürfen. Wir müssen damit zurecht kommen."

"Ich will ganz ehrlich sein: Diese Schneckenkurve ist nicht gerade meine Lieblingsecke hier. Es gibt auf dieser Strecke so schöne Passagen. Zum Beispiel die Kurven sechs und sieben. Die sind schnell und richtig schön flüssig zu fahren. Auch die beiden Kurven vor der Gegengeraden sind nett. Es ist schwierig, die passend hinzubekommen. Aber wenn du es schaffst, dann bringt das große Befriedigung."

Frage: "Wie stehst du zur Diskussion um den Grand Prix von Bahrain?"

Button: "Einige Fahrer und Teamchefs halten da mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. Letztlich ist es so, dass die FIA entscheiden wird, ob wir dort fahren oder nicht. Man kann nicht einfach sagen, dass man dort nicht antritt. Sobald eines der Topteams dort fährt, müssen die anderen folgen. Die Situation ist schwierig. Ich vertraue darauf, dass die FIA die richtige Entscheidung trifft."

Frage: "Und wenn du ganz allein entscheiden könntest?"

Button: "In dieser Position bin ich nicht. Ich bin nicht Gott."

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