• 22. Januar 2011 · 09:39 Uhr

Watson: "Wir sind eine leidenschaftliche Truppe"

Lotus-Teammanager Graham Watson im Interview über Teamgeist, die Vorbereitungen auf die neue Saison und inwiefern Mike Gascoyne ein Vorbild ist

(Motorsport-Total.com) - An der Schwelle zur zweiten Saison in der Formel-1-Weltmeisterschaft blickt Lotus-Teammanager Graham Watson auf die Premierensaison zurück und gibt einen Ausblick auf das kommende Rennjahr. Der Name Lotus ist einerseits Ansporn, andererseits lassen sich Watson und das Team dadurch nicht vom bewährten Weg abbringen.

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Die Mannschaft geht ab 2011 unter dem Namen "Team Lotus" an den Start Zoom Download

Frage: "Graham, es ist Mitte Januar und das Auto wird bald das erste Mal auf die Strecke gehen. Was passiert gerade in deinem Umfeld?"

Graham Watson: "Meine Welt ist sehr hektisch. In Bezug auf das Auto ist man natürlich nie fertig, zumal es bis zum ersten Test nicht mehr lang hin ist. Darüber hinaus wird im Hintergrund ständig produziert. Von operativer Seite buchen wir gerade alles für die neue Saison; Flüge, Hotels, Mietwagen und alles, was dazu gehört, um mit einem Formel-1-Team auf Weltreise zu gehen."

"Wir müssen einerseits das Personal und die Autos im Auge behalten, gleichzeitig muss an alle anderen Aspekte des Teams gedacht werden, beispielsweise befinden sich unsere beiden LKWs gerade in Wartung. Was das Rennteam angeht, so haben wir einige Leute hinzugewinnen können. Das sollte das Team stärker machen. Im Moment sind die neuen Mitarbeiter damit beschäftigt, sich einzufinden und mit der bisherigen Belegschaft eine gemeinsame Basis zu finden. Alles in allem ist es eine ziemlich hektische Zeit, speziell in diesem Jahr."

Frage: "In dieser Saison gibt es erstmals 20 Rennen. Bereitet dir das Kopfschmerzen?"

Watson: "20 Rennen an sich sind nicht das Problem. Im letzten Jahr hatten wir bereits 19 Rennen und die haben wir gemeistert. Es ist lediglich ein Rennen mehr. Was mir mehr Sorgen macht, das sind die Mechaniker. Sie werden in diesem Jahr 180 Tage unterwegs sein. Wenn man diese Zahl zu den 22 Tagen Urlaubsanspruch, dem Anspruch Überstunden abzufeiern und den sechs Feiertagen addiert, dann können sie gerade mal an 89 Tagen in der Fabrik sein."

"Wenn die Leute sagen: 'Das Rennteam ist nie da', dann liegt das daran, dass sie physisch gar nicht da sein können. In diesem Zusammenhang machen 20 Rennen sehr wohl einen Unterschied. Es bedeutet einfach, noch länger unterwegs zu sein. Was Indien betrifft, so haben wir uns bereits erkundet und sind zufrieden damit, wo wir uns aufhalten werden."

Frage: "Wie hast du die Winterpause verbracht? Du bist augenscheinlich ein Teil des Rennteams, was bedeutet, dass du genauso lang unterwegs bist. Dazu kommen die Erkundungstrips. Was hast du getan, um dich zu entspannen?"

Watson: "Der Winter war recht schwierig, da wir mit Renault einen neuen Motorenpartner haben und zudem mit Red Bull eine Verbindung auf dem Gebiet der Getriebe- und Hydraulikeinheit eingegangen sind. Dieser Wechsel hat zu einigen Komplikationen geführt, was die Entwicklung des neuen Autos angeht. Aber es zahlt sich aus. Ich hatte ein paar verlängerte Wochenenden und natürlich Weihnachten sowie den Jahreswechsel. Um zu entspannen, schaue ich mir gern ein paar Rugby-Spiele im Fernsehen an und verbringe Zeit mit meiner Frau Fiona."

Frage: "Auf welchen Rennen freust du dich in diesem Jahr am meisten - persönlich und als Fan?"

Watson: "Ich mag vor allem die Überseerennen. Die meisten davon werden in oder nahe einer großen Stadt ausgetragen, wie zum Beispiel Montreal oder Melbourne. Da ist abseits der Strecke eine Menge los. Wenn man die Rennstrecke verlässt und in die Stadt geht, dreht sich immer noch alles um den Grand Prix, weil es die Leute einfach interessiert. In diesem Jahr werde ich im Anschluss an das Rennen in Melbourne einen kurzen Stopp in Neuseeland einlegen. Das wird sicher großartig. Aus diesem Grund würde ich sagen, dass ich mich auf den australischen Grand Prix in diesem Jahr am meisten freue."

Frage: "Der Teamname hat sich geändert und lautet jetzt Team Lotus. Es geht mit Riesenschritten voran. Wie fühlt es sich an, ein entscheidender Teil in diesem Gefüge zu sein?"

Watson: "Team Lotus ist einer klingendsten Namen im Sport. Gleichzeitig glaube ich, dass Tony (Fernandes; Anm. d. Red.) Recht hat, wenn er sagt, dass die Menschen das Team bilden, nicht nur der Name. Ich war schon immer einer derjenigen, die gerne professionelle Arbeit abliefern und das gleiche erwarte ich auch von den Leuten um mich herum. Um ehrlich zu sein würden wir keinen Deut anders arbeiten, wenn wir Tinpot Racing genannt werden würden. Der Name Team Lotus ist natürlich ein riesiger Ansporn, aber als Profis geben wir ohnehin immer unser Bestes."

Frage: "Das Auto wird in Kürze vorgestellt und auf die Strecke gelassen. Wie läuft es?"

Watson: "Dieses Jahr ist es anders als in der Vergangenheit, da wir wesentlich mehr unter unserem Dach arbeiten. Letztes Jahr war es schwierig, diesmal ist es allerdings nicht viel anders, da wir alles intern erledigen - vom Entwurf bis hin zum Aufbau der Fahrzeuge - das braucht natürlich seine Zeit. Es kann manchmal Jahre dauern, bis sich ein Formel-1-Team komplett aneinander gewöhnt hat. Wir befinden uns auf einem guten Weg und werden mehr und mehr zu einer geschlossenen Einheit. Das Endprodukt wird definitiv besser sein."

Frage: "Wie sehen deine diesjährigen Ziele als Teammanager aus?"

Watson: "Mein persönliches Ziel ist es, in diesem Jahr die beste Boxencrew in der Boxengasse zu haben. Es gibt keinen Grund, warum wir das nicht schaffen sollten. Man kann sich natürlich hinsetzen und über Geld diskutieren, aber die Boxenstopps sind ein ganz elementarer Teil. Die Ausrüstung, die wir in der Boxengasse verwenden ist abgesehen von einigen wenigen Teams standardisiert."

"Wir müssen uns einfach darauf konzentrieren, eine der besten, wenn nicht die beste Mannschaft in der Boxengasse zu sein. Ein anderer Aspekt ist, den im Jahr 2010 vorgelegten Level an Professionalität beizubehalten und danach Schritt für Schritt zu erhöhen. Wenn wir uns auf unseren Lorbeeren ausruhen, verkommen wir sehr schnell zu einer nichtprofessionellen Einheit."

Frage: "Was ist das Beste am Job des Teammanagers?"

Watson: "Ich glaube, das Beste ist, auf der operativen Seite des Teams einen großen Einfluss zu haben. Ich habe natürlich keinen Einfluss auf die technischen Dinge. Aber ich bin verantwortlich dafür, wie wir uns auf der Strecke präsentieren. Das macht mich sehr stolz. Angesichts der Neuzugänge in unserer Truppe sollten wir uns noch weiter nach vorn entwickeln können."

Frage: "Wie sieht dein Ausblick auf die Saison aus?"

Watson: "Zunächst einmal wird das Auto anders aussehen, das heißt die Form wird sich deutlich vom letztjährigen Modell unterscheiden. Der größte Unterschied für die Fans wird hoffentlich sein, dass wir uns in der Startaufstellung weiter vorn befinden werden. 2010 war ein gutes Jahr, aber das ist nun Geschichte. Im Moment sind alle Blicke auf 2011 gerichtet und jeder sieht in allen Bereichen eine klare Verbesserung."

Frage: "Wenn du die Saison 2010 mit einem Wort zusammenfassen müsstest, welches wäre das? Und welches Wort beschreibt das Lotus-Team am besten?"

Watson: "Hmm, als Wort für 2010 würde ich sagen 'lohnend'. Ein Wort, dass das Lotus-Team beschreibt, das ist schwierig! Nur ein Wort?"

Frage: "Ja."

Watson: "Ich denke 'leidenschaftlich' würde passen. Und 'hart' - Mike Gascoynes Einfluss färbt auf uns alle dahingehend ab, dass wir hier sind, um einen Job zu erledigen und das werden wir tun. Mehr muss man nicht sagen."

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