Erstes Interview: So hat Romain Grosjean den Unfall erlebt!
Romain Grosjean spricht erstmals über den verheerenden Unfall in Bahrain, was ihm durch den Kopf ging und wie es für ihn weitergehen soll
(Motorsport-Total.com) - "Mir geht es gut", sagt Romain Grosjean. Zwei Tage nach dem fürchterlichen Feuerunfall in Bahrain gibt der Haas-Pilot im Krankenhaus zum ersten Mal ein Interview. Die wichtigsten Antworten klärt er dabei gleich zu Beginn: "Ich würde sagen, ich habe Mickeys Hände, ansonsten geht es mir gut. Die Beweglichkeit ist in Ordnung, das ist die Hauptsache. Es ist nicht schön, aber auch nicht schmerzhaft, von daher will ich mich nicht beschweren."
© Motorsport Images
Romain Grosjean hat im Krankenhaus seine Eindrücke zum Unfall geschildert Zoom Download
Abgesehen von ein paar Bildern und einer Grußbotschaft drang von Grosjean selbst bis jetzt nichts aus dem Krankenhaus nach außen. Gegenüber dem französischen Fernsehsender 'TF1' beschreibt der Haas-Pilot aber nun seine Gefühlswelt und wie er den Unfall am vergangenen Sonntag erlebt hat.
"Ich weiß nicht, ob das Wort Wunder hier passt, aber ich würde sagen, dass es für mich noch nicht an der Zeit war [zu sterben]", sagt er. Die Zeit in den Flammen habe sich jedenfalls länger angefühlt als die angegebenen 27 Sekunden. "Ich konnte sehen, dass mein Visier orange wurde, und links vom Auto habe ich die Flammen gesehen."
Die Familie vor Augen
"Ich dachte an viele Dinge, auch an Niki Lauda, und dachte, dass es nicht so vorbei sein kann. Nicht jetzt. Ich konnte meine Geschichte in der Formel 1 nicht so beenden", erzählt Grosjean. Als er sich aus dem Auto schälte, habe er seine Hand in die Flammen halten müssen. "Ich konnte es auf dem Chassis brennen spüren. Und dann habe ich gespürt, wie jemand an meinem Anzug gezogen hat. Da wusste ich, dass ich draußen bin."
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Vor allem dachte der Familienvater im Auto an seine Frau und seine drei Kinder: "Für meine Kinder musste ich da rauskommen." Sein 5-jähriger Sohn Simon sei sicher, dass Papa magische Kräfte und einen magischen Schutzschild aus Liebe besitzt. "Ich habe drei Kinder, und er sagte, dass mich das beschützt hat und ich deswegen aus dem Auto fliegen konnte", so Grosjean. "Das sind ziemlich starke Worte für ein Kind."
Sein ältester Sohn Sacha, sieben Jahre alt, sei hingegen etwas rationaler gewesen und habe versucht, es zu verstehen. "Und meine Jüngste hat ein Bild gemalt, 'für Daddys Schmerzen an der Hand'", lacht er.
"Habe den Tod kommen sehen"
Um seine Familie habe sich Grosjean mehr Sorgen gemacht als um sich selbst. "Ich glaube, da wird einige psychologische Arbeit notwendig sein, weil ich den Tod habe kommen sehen. Selbst in Hollywood kriegen sie solche Bilder nicht hin", sagt der Haas-Pilot. "Es war der größte Crash, den ich in meiner Karriere gesehen habe."
"Ich würde sagen, dass in mir ein Glücksgefühl herrscht, dass ich am Leben bin. Auf der anderen Seite muss ich aber wieder zurück ins Auto steigen, wenn möglich in Abu Dhabi, um meine Geschichte mit der Formel 1 anders zu beenden."
"Es war fast wie eine zweite Geburt. Dass ich an dem Tag aus den Flammen gekommen bin, wird mein Leben für immer prägen. Ich habe viele Leute, die mir ihre Liebe gezeigt haben, und das hat mich sehr berührt. Manchmal bekomme ich davon feuchte Augen", so Grosjean.
Hat Grosjean die Replays gesehen?
Die Geschichte von seiner Flucht aus der Flammenhölle hat Grosjean auch Teamchef Günther Steiner schon in aller Einzelheit beschrieben. "Er hat mir das sehr gut erklärt", sagt Steiner. "Was er mich jedoch fragte, war: 'Wie bin ich dahin gekommen?'"
Also schilderte Steiner ihm die Szene mit Daniil Kwjat, die zu dem Unfall geführt hatte. "Er sagte mir: 'Ich habe das Auto nicht gesehen'", so der Südtiroler. "Ich möchte ihm keine Worte in den Mund legen und sagen, dass er sich nicht erinnern kann. Ich glaube, er hat einfach nicht bemerkt, was er gemacht hat. Alles lief so schnell."
Dass sich Grosjean die Wiederholung davon oft angesehen habe, glaubt Steiner nicht. "Ich wollte ihn aber auch nicht fragen, weil das seine Entscheidung ist. Ich wollte ihn nicht in die blöde Situation bringen, ja oder nein sagen zu müssen."