Hülkenberg mit Motoren-Handicap: "Drei Teams haben uns überholt"
Kein Renault in den Top 10: Warum man WM-Rang vier aufs Spiel setzt, Nico Hülkenberg gehandicapt ist und wie man am Sonntag das Ruder herumreißen will
(Motorsport-Total.com) - Renault fährt derzeit rückwärts: Dieser Eindruck hat sich auch beim Trainingsauftakt in Suzuka (Formel 1 2018 live im Ticker) bestätigt. Nico Hülkenberg und Carlos Sainz kamen mit 2,427 und 2,687 Sekunden Rückstand über die Plätze zwölf und 14 nicht hinaus. Bitter, wenn man bedenkt, dass Force Indias Esteban Ocon als schnellster Pilot des Verfolgerfelds um sechs Zehntel schneller war.
"Ich fürchte, dass wir hinter Haas, Force India und Sauber zurückgefallen sind", hält Hülkenberg das Ergebnis für repräsentativ, obwohl er am Freitag mit einem A-Spec-Motor, also der ältesten Spezifikation der Saison, unterwegs war. "Die anderen haben gut entwickelt und scheinen ziemlich schnell zu sein", gibt er zu. "Wir sind einfach zu langsam."
Wie die Red-Bull-Piloten litt auch der Emmericher unter Balanceproblemen: "Sie ändert sich zu oft zwischen Kurveneingang und -ausgang. Du bist so viel am Korrigieren und hast nicht den nötigen Fluss und Rhythmus drin, den du brauchst." Die meiste Zeit lasse er im ersten Sektor liegen - und wegen des Uralt-Motors auf den Geraden. "Aber wenn man im Qualifying den Motor aufdreht, schaut's wieder ein bisschen besser aus", freut er sich bereits auf die B-Spec, die am Samstag eingebaut wird.
Sainz: "Im Moment sind Punkte weit weg"
Generell herrscht bei Renault aber Katerstimmung - auch bei Sainz. "Wir sind einfach nicht schnell genug", grummelt der Spanier. "Am Morgen war es ganz okay, aber am Nachmittag war auf einmal die Stabilität weg, nachdem wir ein paar Dinge umgebaut haben." Seine Prognose: "Wir sind sicher kein Q3-Team. Im Moment sind Punkte weit weg."
Der Spanier würde sich ähnlich wie Hülkenberg im ersten und in Teilen des zweiten Sektors mehr Abtrieb wünschen. "Aber das geht nicht, weil wir dann im dritten Sektor und auf den Geraden zu langsam wären." Liegt das nur an der mangelnden Leistung? Sainz hat Zweifel: "Da steckt mehr dahinter als nur der Motor." Offensichtlich produziert der R.S.18 zu viel Luftwiderstand.
Die Hoffnung, dass Renault dieses Problem noch 2018 lösen wird, geht allerdings gegen Null. "Wir wissen, dass wir keine Updates vom Auto oder vom Motor mehr bekommen", hat Renault-Geschäftsführer Cyril Abiteboul schlechte Nachrichten. "Es liegt jetzt am Rennteam, das Beste aus dem Gegebenen zu machen."
Konzentration auf 2019: Geht der Schuss nach hinten los?
Dabei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung, denn Renault bündelt alle Energien, um 2019 einen entscheidenden Sprung zu machen. "Wir haben uns schon sehr früh auf das kommende Jahr fokussiert", bestätigt der Franzose. "Einerseits aufgrund des neuen Reglements und andererseits wegen all den Dingen, die wir zu Beginn des nächsten Jahres am Motor haben wollen. Es wird viel kommen."
Doch damit könnte Renault den vierten Platz in der Konstrukteurs-WM, den man derzeit mit einem Vorsprung von nur elf WM-Punkten auf Haas innehat, aufs Spiel setzen. "Es wird schwierig, aber interessant", weiß auch Abiteboul, spricht aber von einer bewusst getroffenen Entscheidung. "Wir wussten, dass wir für den Rest der Saison etwas in der Defensive sein werden, sind aber trotzdem zuversichtlich, weil wir zwei sehr fähige Fahrer und ein sehr kompetentes Rennteam haben."
Kann Renault über die Strategie das Ruder herumreißen?
Der Preisgeldunterschied zwischen Platz vier und Rang stelle dank des Herstellerbudgets ohnehin "kein großes Hindernis bei der Entwicklung des Motors und des Chassis'" dar. Da Platz vier aber als Saisonziel festgelegt worden war, muss man nun auf die eigene Cleverness und etwas Glück setzen. "Ich hätte nichts gegen Regen", wünscht sich Hülkenberg etwas Hilfe durch Taifun Kong Rey. "Das würde uns eher helfen als schaden. Außerdem fahre ich gern im Regen."
Und am Sonntag wird man versuchen, die schnellere Konkurrenz mit einer Einstoppstrategie auszutricksen. "Deswegen haben wir Nico heute gebeten, mit der Soft-Mischung so richtig zu pushen", gibt Abiteboul interessante Einblicke. "Dann wissen wir, in welchem Zustand dieser Reifen am Ende des Runs ist."
Die Folge waren Probleme mit der Bremstemperatur. "Kein großes Problem", gibt Hülkenberg Entwarnung. "Sowas kommt am Freitag schon mal vor. Wir waren einfach nicht so gut in Form." Immerhin litt sein Renault, der gemeinhin als Reifenfresser gilt, nicht wie Ferrari an Blasenbildung. Was das Tempo angeht, ist man allerdings auch diesbezüglich etwas im Hintertreffen: Auf der Supersoft-Mischung war Hülkenberg klar langsamer als die Konkurrenz von Force India, Sauber und Haas. Auf der Soft-Mischung war er aber immerhin schneller als Sergio Perez und Kevin Magnussen, aber dafür langsamer als Sauber-Pilot Marcus Ericsson.