Wegen Shield geschielt: Probleme bei neuem Cockpitschutz
Schwindelgefühle, verzerrte Sicht, unangenehme Winde: Sebastian Vettel hat sich des neuen Cockpitschutzes "Shield" in Silverstone schnell wieder entledigt
(Motorsport-Total.com) - Diese Premiere verlief nicht wie erhofft: Sebastian Vettel wurde im 1. Freien Training beim Großen Preis von Großbritannien die Ehre zuteil, die neue Cockpitscheibe "Shield" zu testen, die das ästhetische wenig ansprechende Halo-System hinsichtlich des Cockpitschutzes in der Formel 1 beerben soll. Die Premiere verlief jedoch nicht nach Maß: Gerade einmal eine einzige Runde spulte der viermalige Weltmeister ab, bevor er die Scheibe wieder abmontieren ließ. (Ergebnisse des Großen Preises von Großbritannien)
"Wir hatten eigentlich geplant, noch länger damit zu fahren, aber mir wurde beim Nach-vorne-Schauen etwas schwindelig", erläutert der Ferrari-Pilot seine Eindrücke. Den Grund dafür sieht er in der Krümmung der Scheibe, wodurch er als Fahrer die Umwelt verzerrt wahrgenommen hat. Er fügt scherzhaft hinzu: "Es ist, als würde man schielend durch die Gegend fahren - aber es heißt ja auch Shield. Wir haben es schnell wieder runtergenommen."
Gegenüber 'Sky' fügt er hinzu: "Auf den Geraden erzeugt das System einen gewissen Abwind, der auf den Helm drückt. Ich mochte es nicht." Damit ist klar, dass bei der Entwicklung des neuen Sicherheitsfeatures noch viel Arbeit bevorsteht. Lediglich eine positive Nachricht gibt es zu vermelden: "Das Ein- und Aussteigen ist zwar etwas schwieriger, aber daran kann man sich gewöhnen."
Erster Test einer "überstürzten Reaktion"
Ex-Williams-Technikchef Pat Symonds zufolge handelt es sich bei dem ersten Shield-Prototypen ohnehin nur um eine Übergangslösung. Ein ganzes Rad hätte die Scheibe, die auf dem Ferrari SH70-H montiert gewesen ist, nicht abhalten können. "Das hier ist so etwas wie eine Übergangslösung. Es wurde designt, um etwa fünf Kilogramm bei 225 km/h standzuhalten", so der 64-Jährige. Das ist noch weit weg von den 20 Kilogramm, die das Halo-System bei gleicher Geschwindigkeit abwehren sollte.
Die Fahrer sprachen sich mit knapper Mehrheit gegen Halo aus. Zu groß waren die ästhetischen Vorbehalte und die Sorgen, dass kleinere Teile vom Bügel abgelenkt und auf den Körper des Fahrers geschossen werden könnten. "Als klar wurde, dass Halo nicht das sein würde, was die Formel 1 braucht, wurde dieses Projekt (Shield; Anm. d. Red.) etwas überstürzt angegangen", gibt Symonds zu. Aus diesem Grund glaubt er auch nicht, dass der neue Cockpitschutz schon bereit sei.
Der erste Test wird nach Vettels Eindrücken den Shield auch nicht näher an die Serienreife herangebracht haben. Und es wäre selbst bei einem Erfolg noch ein langer Weg bis zur Einführung, wie Pat Symonds erklärt: "Der Schutz, den es nach vorne gibt, ist die eine Sache. Aber man muss sich auch anschauen, wie es sich im Regen verhält oder es mit Öl in Berührung kommt. Und dann haben wir noch das Problem interner Reflektionen, die irritieren können."
Bis zur Einführung müssen sich die Fahrer auf ihre aktuellen Carbon-Helme verlassen, die bis zu 0,25 Kilogramm bei 225 km/h vom Kopf des Fahrers abhalten - mit Ausnahme des Visiers, das schon bei Felipe Massas Unfall 2009 die Schwachstelle gewesen ist.