• 03. September 2016 · 20:36 Uhr

Hill bei Whiting-Meeting Zeuge: "Verstappen hat es begriffen"

Warum Damon Hill sicher ist, dass Max Verstappens uneinsichtiger Umgang nur Fassade ist und wieso Charlie Whiting in Spa keinen Grund zu einer Strafe sah

(Motorsport-Total.com) - Die umstrittenen Manöver von Max Verstappen lassen in der Formel 1 derzeit niemanden kalt, doch am 18-Jährigen scheint all das abzuprallen. "Ich werde meinen Fahrstil nicht ändern", richtet der Red-Bull-Shootingstar seinen Kritikern aus. Und die Vorwürfe von Jacques Villeneuve, sein Fahrstil sei lebensgefährlich, kontert er mit dem Vorwurf, der Kanadier habe selbst ein Menschenleben auf dem Gewissen.

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Nimmt sich Max Verstappen die Ratschläge von Charlie Whiting zu Herzen? Zoom Download

Ex-Villeneuve-Teamkollege Damon Hill ist aber davon überzeugt, dass all dies nur Schein ist. "Ich weiß, dass die Botschaft angekommen ist", verrät der Weltmeister des Jahres 1996 gegenüber 'Sky Sports F1'. FIA-Rennleiter Charlie Whiting hatte Verstappen am Freitagmorgen zu sich zitiert, um dem Youngster ins Gewissen zu reden. Neben Hill war auch Red Bulls Teammanager Jonathan Wheatley beim Gespräch anwesend.

Doch wie ist die Diskussion abgelaufen? "Wir hatten ein unkompliziertes, ruhiges, freundliches Gespräch", erzählt Whiting gegenüber 'Sky Sports F1'. "Ich wollte ihm einfach sagen, dass er darüber nachdenken sollte, vielleicht ein bisschen weniger aggressiv zu fahren, um nicht so viel Aufmerksamkeit zu erregen. Wir sind uns alle einig, dass er ein großartiger Rennfahrer ist, aber manchmal übertreibt er es ein bisschen. Ich habe ihn gewarnt, dass das für die Zukunft vielleicht keine so gute Idee ist."

Warum Whiting in Spa keine Untersuchung einleitete

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Der Zweikampf zwischen Verstappen und Räikkönen in Spa wirbelte viel Staub auf Zoom Download

Tatsächlich brachte Verstappen mit seinen Manövern schon zahlreiche Rivalen gegen sich auf: Immer wieder gerät der Niederländer mit Kimi Räikkönen aneinander. Dem Finnen stößt es sauer auf, dass der Red-Bull-Pilot in der Bremsphase die Spur wechselt und sich wie in Belgien beim Windschattenduell auf der Kemmelgeraden erst im letzten Moment für eine Seite entscheidet.

"Kimi war ein bisschen überrascht durch das Manöver, aber ich habe mit ihm und Seb gesprochen, und sie sehen das jetzt alles ziemlich entspannt", gibt Whiting Preis, dass sich nach dem Gespräch am Donnerstag auch die Ferrari-Piloten beruhigt haben sollen.

Eine Strafe hielt er - wie übrigens auch Fernando Alonso - nicht für gerechtfertigt. "In diesem Fall gab es nichts zu untersuchen", findet der Brite. "Wir haben uns angesehen, ob Max mehr als einmal die Spur gewechselt hat und damit eine Regel gebrochen hat. Das war nicht der Fall, also gab es keine Untersuchung."

Berger von Verstappens Grenzgang beeindruckt

"Die Aktion gegen Räikkönen in Spa war aggressiv und ein bisschen spät, aber es war okay."Charlie Whiting
Laudas Einwand auf 'RTL', Verstappen habe aber Räikkönen durch den Spurwechsel im letzten Moment zu einem Bremsmanöver gezwungen und sich und den Finnen in Gefahr gebracht, kann Whiting nachvollziehen, er meint aber: "Für mich war das an der Grenze dessen, was noch vernünftig ist. Klar, man muss wissen, wann man das machen kann und wann nicht. Und es muss sicher sein. Die Aktion war aggressiv und ein bisschen spät, es war am Limit, aber es war okay."

Ex-Formel-1-Pilot Gerhard Berger ist der gleichen Meinung wie Whiting. Und er spricht Verstappen gegenüber 'Sky.de' ein Kompliment aus: "Er lotet genau aus, was das Reglement erlaubt. Der Bursche ist mit 18 Jahren schon so fit, dass er diese Feinheiten alle im Griff hat. Natürlich fährt er sehr hart und schießt hin und wieder über das Ziel hinaus, aber er ist aus dem Holz geschnitzt, aus dem Weltmeister geschnitzt sind. Der erinnert uns an Ayrton Senna und an Michael Schumacher."

Was dem ehemaligen Mitbesitzer von Verstappens Ex-Team Toro Rosso zudem auffällt: "Der eckt an, und der rudert auch nicht zurück." Ähnlich geht es Hill. Der Brite zeigt sich überrascht, dass Verstappen neben seiner Kompromisslosigkeit im Zweikampf auf der Strecke auch im verbalen Duell nicht nachgibt.

Verstappen verbal so kompromisslos wie auf der Strecke

"Wenn man Max verbal attackiert, dann fährt er schwere Geschütze auf. Man sollte also vorbereitet sein."Damon Hill
"Ich bin beeindruckt, wie er sich verteidigt", sagt Hill. "Wenn es jemand mit ihm aufnimmt, dann schießt er mit Worten zurück. Er stellt sofort klar, dass er nicht einmal daran denkt, irgendeine seiner Aktionen zu bereuen. Man muss mit ihm vorsichtig sein, denn wenn man ihn verbal attackiert, dann fährt er schwere Geschütze auf. Er kennt Jacques Villeneuves Geschichte. Und er könnte auch meine kennen - und die von allen anderen. Wenn man ihn also kritisiert, dann sollte man vorbereitet sein."

Im Schlagabtausch zwischen Verstappen und Villeneuve bezieht Hill aber auf der Seite seines Ex-Teamkollegen und Titelrivalen Stellung. "Die ganze Diskussion wurde sehr emotional geführt, was vielleicht von beiden Seiten nicht besonders klug ist, aber Jacques hat recht, wenn er sagt, dass im schlimmsten Fall ein tödlicher Unfall passieren kann, wenn man auf einer Vollgas-Geraden sehr spät sein Manöver durchzieht."

Whiting reagiert auf Vorwurf: FIA protegiert Verstappen nicht

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Jacques Villeneuve weiß Bescheid: Sein Vater verunglückte bei einem Auffahrunfall Zoom Download

Zur Erinnerung: Jacques Villeneuves Vater Gilles verunglückte 1982 in Zolder tödlich, weil er im Ferrari auf den langsam fahrenden Jochen Mass auffuhr und über das Hinterrad in die Luft katapultiert wurde. "Es muss irgendwo eine Grenze geben", findet Hill. "Man sitzt im Grunde in einem tödlichen Geschoss. Wenn das in falsche Hände gerät und man nicht aufpasst, dann kann das komplett schiefgehen. Respekt ist also notwendig."

Insofern ist die FIA gefordert, Verstappen seine Grenzen aufzuzeigen. Das ist Whiting auch bewusst. "Wenn er eine Regel bricht, dann wird er zu den Rennkommissaren zitiert", stellt der Brite klar. Und auch gegen Villeneuves Vorwurf, Verstappen werde protegiert und milder angefasst, weil die Formel 1 einen neuen Helden braucht, wehrt er sich: "Die FIA schützt keine Fahrer, die etwas falsch machen. Wir behandeln Max genau gleich wie jeden anderen."

Symonds: Aggressivität der einzige Weg

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Auch Schumacher eckte rasch an: 1992 schoss er in Magny Cours Senna ab Zoom Download

Die Gefahr, dass ihn die Platzhirsche in der Formel 1 nicht ernst nehmen, ist durch Verstappens aufsehenerregende Rennen jedenfalls gebannt. Erinnerungen an Schumacher werden wach, der Superstar Ayrton Senna 1992 in Magny Cours als junger Senkrechtstarter ebenfalls übermotiviert ins Auto fuhr.

Der McLaren-Pilot war damit aus dem Rennen, doch als der Grand Prix wegen Regen unterbrochen werden musste, knöpfte sich der Brasilianer den Deutschen vor. "Er predigte ihm, wie man zu fahren hat", erinnert sich Schumachers damaliger Ingenieur Pat Symonds. "Michael hat das nicht besonders toll gefunden."

Symonds findet, dass Schumachers Aggressivität genau der richtige Weg war: "Du bist ja plötzlich im Konzert der Großen, also musst du Druck machen." Außerdem sei es einfacher, seine Aggressivität später etwas zu zügeln, als sich diesen Charakterzug anzueignen: "So etwas kann man nicht lernen, also sollte man gleich aggressiv sein und dann lernen, diese Aggressivität besser einzusetzen. Die Guten fangen mit Unfällen an."

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