"Lächerlich": Fahrer kritisieren Pirelli für zu hohen Reifendruck
Rutschende Autos und überhitzende Reifen: Pirelli zieht sich wieder einmal den Zorn der Piloten zu, die den vorgegebenen Reifendruck in China als viel zu hoch einstufen
(Motorsport-Total.com) - Wieder einmal steht Reifenhersteller Pirelli im Mittelpunkt des Interesses. Allerdings zogen sich die Italiener den Unmut der Piloten nicht etwa aufgrund der Reifenschäden im ersten Freien Training in China zu, für die sie nachweislich auch gar nicht verantwortlich sind, sondern wegen des vorgegebenen Reifendrucks. Dieser liegt in Schanghai vorne bei 23 psi, hinten bei 20 psi. Die Werte liegen damit deutlich über denen der vergangenen Jahre. Die Folge waren teilweise wild herumrutschende Autos auf der Piste.
"Ich denke, dass die Reifenlimits von Pirelli heute lächerlich waren. Die Reifendrücke und alles schießen durch die Decke und das Auto ist einfach unfahrbar", ärgert sich Haas-Pilot Romain Grosjean und ergänzt: "Beim Fahren aus der Garage liegt der Reifendruck vorne bei 23 psi, was absolut lächerlich ist. Man bekommt vorne überhaupt kein Gefühl, es ist wie ein Stück Holz. Es ist einfach unfahrbar."
"Früher waren wir vier, fünf psi niedriger", verrät der Franzose. "Kürzlich hatten wir schon dramatische Limits, aber im Bereich 20/21 gibt es dir noch ein gewisses Gefühl. Das ist trotzdem noch hoch, denn zu Michelin-Zeiten waren es 15 und 13 in Monaco. 2012 lagen wir schon zwischen 16 und 18. Auf der Strecke fahren wir jetzt mit ungefähr 26 vorne und 23 hinten. Das ist fast wie ein Straßenwagen."
"Nicht wie ein Rennwagen"
"Es wäre schön, wenn wir das ändern könnten, denn es fühlt sich nicht wie ein Rennwagen an. Man verbremst sich und hat Untersteuern, weil die Reifen nie wirklich greifen. Es ist, als wäre Öl auf der Strecke", beschreibt Grosjean die Situation am Freitag. McLaren-Pilot Jenson Button stimmt zu und erklärt: "Alle haben Probleme mit den Reifen. Der Minimaldruck ist sehr hoch gewählt, das macht es schwierig."
Fotostrecke: FIA-Fast-Facts China
Der Große Preis von China wird zum 13. Mal ausgetragen. Das Rennen fand 2004 zum ersten Mal statt und stand seitdem immer im Kalender. Fotostrecke
"Die Reifen überhitzen und auf den Longruns wird das zu einem Riesenproblem. Da den besten Weg zu finden ist uns nicht so wirklich gelungen, aber das trifft wohl auf alle zu. Ich befürchte, da lässt sich nichts mehr machen. Sie sind in den vergangenen Jahren massiv gestiegen - um vier PSI, was massiv ist. Die Werte schießen durch die Decke. Das macht es schwierig und die Autos rutschen viel mehr herum", so der Weltmeister von 2009.
Fahrer wollen Thema ansprechen
"Es ist ehrlich gesagt ziemlich rutschig", bestätigt auch Manor-Pilot Rio Haryanto den Eindruck seiner Kollegen und erklärt: "Wir haben immer Probleme mit der Traktion, und ich denke, dass das an diesem Wochenende auch mit dem höheren Reifendruck zusammenhängt." Er kündigt an, dass im Fahrerbriefing über das Thema gesprochen werden wird. Allerdings: "Wenn Pirelli und die FIA das aus Sicherheitsgründen so machen, dann müssen wir uns daran halten."
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In der Geschichte der Formel 1 engagierten sich neun verschiedene Reifenhersteller: Zwei davon hatten oder haben ihren Ursprung in Großbritannien, zwei in den USA und jeweils einer in Deutschland, Japan, Belgien, Frankreich und Italien. Hochzeiten des später als "Reifenkrieg" bezeichneten Szenarios mit mehreren Zulieferern zum gleichen Zeitpunkt sind die Jahre 1954 und 1958, als sechs verschiedene Firmen ihre Produkte ins Rollen bringen. 1950 beginnt alles mit vier Marken... Fotostrecke
"Die Strecke frisst die Vorderreifen, weil die Kurven so langgezogen sind. Es ist sehr einzigartig, und es ist auch das schwierige. Wir müssen das Auto komplett anders abstimmen, nur für diese Strecke", erklärt WM-Spitzenreiter Nico Rosberg derweil und Landsmann Pascal Wehrlein ergänzt: "Der Verschleiß ist sehr hoch. Vorne links ist es massiv. Ich glaube, dass momentan alle Probleme damit haben. Vielleicht verbessert sich die Strecke noch. Wenn nicht, dann werden wir am Sonntag viele Boxenstopps sehen."
"Ich habe die Mediums nur am Morgen verwendet und es hat sich nicht sonderlich gut angefühlt. Auch der Soft hat sich nicht richtig angefühlt", sagt Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen, der am Nachmittag trotzdem die Tagesbestzeit setzte. Pirellis Motorsportdirektor Paul Hembery verrät derweil: "Das Briefing kommt noch, dann wissen wir, wo wir stehen. Der Prozess ist, dass wir am Freitagabend die Telemetriedaten der Teams nehmen und mit den vorherigen Rennsimulationen vergleichen. Danach prüfen wir, ob unsere Vorgaben richtig waren."