Pirelli droht: Reifendruck-Tricks haben Konsequenzen
Überdrehte Heizdecken oder Abstimmungskniffe: Pirelli überwacht das Ausnutzen von Grauzonen und hebt bei Bedarf die Mindestwerte mit FIA-Segen individuell an
(Motorsport-Total.com) - Pirelli hat im Rahmen des Qualifyings zum Italien-Grand-Prix in Monza am Samstagnachmittag den Teams die Daumenschrauben angezogen. Wie der Einheitszulieferer in einem Rundschreiben an die Mannschaften bekanntmachte, werden die neuen Mindestwerte für die Reifendrücke bei der Boxenausfahrt von Pirelli-Ingenieuren per Telemetrie überwacht und jegliche Unterschreitung der FIA gemeldet. Es gibt jedoch offenbar Wege, die psi-Mindestwerte von 21 (vorne) und 19,5 (hinten) zu unterschreiten.
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Die Pirelli-Ingenieure sind in Monza auch die Erfüllungsgehilfen der Rennleitung Zoom Download
Gegenüber 'Motorsport.com' äußert Reifentechniker Matteo Isola diese Befürchtung: "Wir müssen sicherstellen, dass die Drücke, mit denen gefahren wird, auch die sind, die beim Start verwendet werden. Ich verstehe voll und ganz, dass die Teams Leistung finden müssen, aber wir müssen auch garantieren, dass die Reifen richtig funktionieren." Normalerweise erhöht sich bei einem Pneu nach Aufnahme der Fahrt der Druck, doch es werden zwei Wege gehandelt, die Gesetzmäßigkeit zu ändern.
Einerseits könnten die Heizdecken in der Box extrem heiß eingestellt werden - das ließe sich von Pirelli überwachen, jedoch scheinen Lösungen über das Setup oder durch Abnutzung möglich. Der Versuch, an die Box zu kommen und Druck abzulassen, scheint aussichtslos und durchschaubar. Sollten Teams auffällig werden oder auch nur mit einem im Vergleich zur Ausfahrt identischen Wert starten, droht Pirelli damit, mit dem Segen der FIA höhere psi-Werte für bestimmte Boliden und Teams auszugeben.
Isola nimmt die Quertreiber in Schutz: "Für mich ist es nicht korrekt, davon zu sprechen, dass jemand betrügt. Man versucht, eine Lücke im Reglement zu finden und etwas zu machen, das erlaubt ist, weil es nicht verboten ist." Dennoch müsse Pirelli auf ein mögliches Vordringen in Grauzonen sofort reagieren, sobald negative Auswirkungen auf die Pneus und die Sicherheit deutlich würden.
Die verschärften Mindestdrücke könnten auch Folgen für die Strategie haben: Wenn bei längerer Fahrdauer der Druck sinkt und die Autos so schneller werden, könnten viele Piloten versuchen, eine Einstoppstrategie zu realisieren, die für Monza auch ohne die Novelle die logische Wahl gewesen wäre: "Wir rechnen mit nur einem Boxenstopp für die Mehrheit der Autos, auch wenn zwei Stopps möglich sind. Die Teams werden zweifellos eine variable Taktik wählen", erklärt Pirelli-Sportchef Paul Hembery.
Wie die Simulationen der Italiener ergeben haben, ist ein Stopp aber der schnellste Weg durch 53 Runden im Autodromo Nazionale. Ein Start auf der Soft-Mischung und ein Wechsel auf den Medium-Pneu nach 21 Runden sind die Strategie, die der Computer empfiehlt. Jedoch sagen Bits und Bytes auch, dass zwei Besuche bei der Crew insgesamt nur 1,63 Sekunden langsamer wären: Dazu müsste ein Pilot ebenfalls auf Soft starten, in Runde 19 nochmals Soft aufziehen und nach 36 Umläufen Medium wählen.