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Sieg in Indien: Vettel mit Stil Weltmeister
Mit einem souveränen Sieg in Neu-Delhi holt Sebastian Vettel beide WM-Titel 2013 für Red Bull - Nico Rosberg komplettiert deutschen Doppelerfolg
(Motorsport-Total.com) - Ein fünfter Platz wäre genug gewesen, aber Sebastian Vettel wäre nicht Sebastian Vettel, wenn er immer nur das Notwendigste tun würde. Stattdessen führte er die WM-Entscheidung 2013 mit einem souveränen Sieg beim Grand Prix von Indien herbei, 29,8 Sekunden vor Landsmann Nico Rosberg (Mercedes). Und obwohl Mark Webber an zweiter Stelle liegend ausschied, reichte es für Red Bull auch zum vorzeitigen Gewinn der Konstrukteurs-WM.
Vettel, der beim sechsten Sieg hintereinander (und seinem dritten im dritten Indien-Grand-Prix) keine Gegner hatte, wirkte nach der Auslaufrunde gelöst, legte mit seinem RB9 unter dem frenetischen Jubel der Haupttribüne ein paar Donuts hin, sprintete zur Boxenmauer und schüttelte dort seinen Mechanikern die Hand. Auf dem Weg zur Siegerehrung musste er sich dann erstmal sammeln - und Adrian Neweys nüchterne Frage beantworten: "War das Auto okay?"
"Das ist einer der besten Tage meines bisherigen Lebens", kämpft Vettel um seine Fassung. "Ich bin wirklich sprachlos. Als ich über die Ziellinie fuhr, war ich einfach nur leer. Es war eine phänomenale Saison. Wir haben einen so tollen Teamgeist. Das verleiht mir so viel Kraft. Es macht so viel Freude, ins Auto zu steigen und für die Jungs das Beste zu versuchen. Das Fahrzeug war auch heute wieder spitze, wie schon seit Saisonbeginn. Ich hätte mir nichts Besseres wünschen können."
Buhrufe tun immer noch weh
Selbst im Moment seines größten Trumpfs schwenkten seine Gedanken noch einmal zu den Siegerehrungen in diesem Jahr, bei denen er ausgepfiffen wurde: "Ich wurde ausgebuht, obwohl ich nichts falsch gemacht hatte. Das haben wir hinter uns gelassen und auf der Strecke die richtige Antwort gegeben", sagt er. "Unglaublich, was wir in den vergangenen vier Jahren erreicht haben. All das in so kurzer Zeit erreicht zu haben, ist schwer zu fassen. Vielleicht verstehe ich es in zehn Jahren."
Ernsthaft gefährdet war Vettel heute nie: Am Start münzte er seine Pole-Position in die Führung um, nach der ersten Runde führte er 2,4 Sekunden vor Felipe Massa (Ferrari). Dann kurz Verwirrung, als der Führende schon am Ende der zweiten Runde an die Box kam, um seine weichen Reifen loszuwerden, aber das war geplant. Teamkollege Webber, auf harten Reifen gestartet, fuhr einen längeren ersten Stint und sollte sich als einziger Vettel-Gegner herausstellen.
Webber hatte nach dem letzten Boxenstopp 14,5 Sekunden Rückstand, als er von seinem Renningenieur aufgefordert wurde, das Auto abzustellen. Ursache war letztendlich die Lichtmaschine - ein altbekannter Red-Bull-Defekt. "Das ist hart, dieses Wochenende haben wir nämlich viel richtig gemacht - genau wie bei vielen anderen Rennen in diesem Jahr. Mehr als darüber lachen kann ich nicht." Auf Vettels WM-Party am Abend hat er verständlicherweise keine Lust.
Rennen durch unterschiedliche Strategien schwierig zu lesen
Alle anderen fuhren ihr eigenes Rennen um die Positionen hinter Red Bull. Nach Vettels erstem Boxenstopp lag kurzzeitig Massa in Führung, der beide Mercedes-Silberpfeile in der ersten Runde geschickt überholt hatte. Auch Daniel Ricciardo (Toro Rosso/am Ende 10.) und Adrian Sutil (Force India/9.) lagen durch ihre späten ersten Boxenstopps kurzzeitig auf Podiumskurs - wie die Reihenfolge durch die unterschiedlichen Strategien generell lange nicht bereinigt war.
Bis in die 51. von 60 Runden lag Kimi Räikkönen (Lotus) noch an zweiter Stelle, aber der "Iceman" hatte mit den um 20 Runden älteren Medium-Reifen keine Chance, sich gegen Rosberg zu verteidigen, und wurde bis zum Schluss noch auf Rang sieben zurückgereicht. Durch einen späten Boxenstopp konnte er mit frischen Reifen zumindest noch die schnellste Runde drehen (1:27.679 Minuten) - der einzige Wermutstropfen an Vettels großem Tag.
Räikkönen musste übrigens gleich zwei Feindberührungen wegstecken: Am Start kollidierte er mit Webber, hielt sich dabei aber schadlos, und später touchierte er Teamkollege Romain Grosjean, als dieser ihn überholen wollte. Grosjean musste dabei aber von der Strecke, wartete, ließ sich hinter Räikkönen zurückfallen - und überholte wenig später noch einmal. Bemerkenswert: Der Franzose war vom 17. Startplatz ins Rennen gegangen und wurde am Ende Dritter.
Grosjean hätte nicht mit Podestplatz gerechnet
"Damit hätte ich nicht gerechnet. Ich hätte keinen Penny auf ein Podium gesetzt, aber das Auto war richtig gut", freut er sich. "Das ist schon erstaunlich, wenn man bedenkt, von wo aus es heute losging." Und zum teaminternen Duell sagt Grosjean: "Ich habe es außen herum probiert, das hat er wohl nicht gesehen. Ich wusste, dass Massa hinter mir wesentlich frischere Reifen drauf hatte, und wollte keine Zeit verlieren. Ein bisschen hat es gekostet, aber es waren wieder gute Punkte."
Und wichtige für die Konstrukteurs-WM, in der Lotus nun mit 285 Punkten Vierter ist, hinter Weltmeister Red Bull (470), Mercedes (313) und Ferrari (309). Im Kampf um Platz zwei punktete heute Mercedes am besten. "Das Auto hat gut funktioniert", sagt der zweitplatzierte Rosberg. "Für uns war es wichtig, ein normales Wochenende zu erleben, um viele Punkte zu holen und auf Ferrari in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft aufzuholen. Das ist nun unser Ziel."
Der große Verlierer des Tages war Fernando Alonso (Ferrari), dessen Rennen schon nach wenigen Runden praktisch gelaufen war. Mit den harten Reifen auf einen langen ersten Stint ausgelegt, musste er nach einer Berührung mit Webber in der ersten Kurve die Frontpartie wechseln - und später steckte er mit verzogener Lenkung im Verkehr fest, konnte keine Akzente mehr setzen. Am Ende wurde es Platz elf, 1:18.2 Minuten hinter Sieger und Weltmeister Vettel.
Geheimfavorit Button am Ende ohne Punkte
Die Punkteränge sicherten sich Massa, Sergio Perez (McLaren), der einmal zwei Autos in einem Aufwasch überholte, Lewis Hamilton (Mercedes), Räikkönen, Paul di Resta (Force India), Sutil und Ricciardo. Bei einigen Herren wurde gegen Rennende der Sprit knapp - neben den beiden Lotus sparte sich auch di Resta die Auslaufrunde. Jenson Button (McLaren) wurde nach frühem ersten Reifenwechsel am Ende als 14. gewertet, stand bei der Zieldurchfahrt aber schon an der Box.
Auch Nico Hülkenberg (Sauber) musste nach bis dahin starker Vorstellung an achter Stelle liegend aufgeben, wurde aber mit sechs Runden Rückstand als 19. gewertet. Tatsächlich ausgeschieden sind neben Webber auch noch die beiden Caterham-Piloten Charles Pic und Giedo van der Garde. Letzterer war stinksauer: "Meine Radaufhängung ist gebrochen! Wieder Chilton, was für ein Idiot!", funkte der Niederländer seinem Team im ersten Ärger.
Keine Probleme machten übrigens die Reifen, obwohl Pirelli vor dem Start die Empfehlung ausgegeben hatte, nicht länger als 15 (Soft) beziehungsweise 35 Runden (Medium) damit zu fahren - eine Empfehlung, die Sutil am deutlichsten missachtete: Sein Medium-Reifensatz hatte beim Boxenstopp 52 Runden auf dem Buckel. Weiter geht's übrigens schon in einer Woche mit dem Grand Prix der Vereinigten Arabischen Emirate in Abu Dhabi.