Liam Lawson: Erst das Formel-1-Auto zeigt, welche Junioren wirklich gut sind
Laut Liam Lawson brauchen Nachwuchsfahrer eine Chance in einem Formel-1-Auto, sonst könne man nicht sagen, ob sie in der Königsklasse gut sind oder nicht
(Motorsport-Total.com) - Franco Colapinto, Oliver Bearman und Liam Lawson haben in der Formel 1 einen neuen Jugendwahn ausgelöst. Waren die Formel-1-Teams zuletzt sehr zurückhaltend, was die Besetzung der Cockpits mit Rookies angeht, so haben diese drei Piloten bewiesen, dass man durchaus Nachwuchsfahrern ein Auto anvertrauen kann.
Lawson selbst hatte in Austin sein Debüt als Stammfahrer gegeben und dort mit Platz neun auf Anhieb überzeugt. Der Neuseeländer sagt, dass man jungen Fahrern überhaupt erst einmal eine Chance geben muss, damit man ihre Leistungen in einem Formel-1-Auto beurteilen kann.
"Niemand weiß wirklich, wie ein Fahrer in der Formel 1 sein wird, bis er dort fährt", meint er. Zwar könne man das Talent in Juniorserien durchaus einschätzen, "aber bis er in ein Formel-1-Auto steigt, weiß man nicht, wie seine Pace wirklich ist und ob er mit der Belastung zurechtkommt."
Denn Formel-1-Autos unterscheiden sich laut ihm deutlich von anderen Fahrzeugen. "Du kannst in einem Formel-2-Auto oder in vielen anderen Autos schnell sein, aber das überträgt sich nicht notwendigerweise auf die Formel 1 - und umgekehrt", so Lawson. "Du kannst in der Formel 2 Probleme haben, aber den Fahrstil haben oder der Typ sein, der sich an die Formel 1 anpasst."
In der F2 gut, in der F1 nicht - und umgekehrt
Tatsächlich sind Lawson, Colapinto und Bearman drei gute Beispiele für Fahrer, die in den Nachwuchsserien nicht gerade die Welt aus den Angeln gehoben haben. Keiner von ihnen hat in der Formel 2 oder Formel 3 einen Titel gewonnen, trotzdem konnten sie in der Formel 1 bislang überzeugen.
Auf der anderen Seite sind Formel-2-Meister wie Nyck de Vries oder Mick Schumacher in der Formel 1 gescheitert.
Ebenfalls ein gutes Beispiel: Stoffel Vandoorne war der wohl dominanteste GP2-Meister der vergangenen Jahre, doch in der Königsklasse sollte es für ihn nicht klappen. Allerdings war er als Teamkollege von Fernando Alonso in McLarens Horrorjahren einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.
Fotostrecke: Die Formel-1-Rookies der vergangenen 20 Jahre
2005: 6 Rookies - 16. Tiago Monteiro (Jordan/7 Punkte), 18. Narain Karthikeyan (Jordan/5), 19. Christijan Albers (Minardi/4), 21. Patrick Friesacher (Minardi/3), 24. Vitantonio Liuzzi (Red Bull/1) und 25. Robert Doornbos (Minardi/0) Fotostrecke
Oder Jan Magnussen, der die Britische Formel 3 1994 zu Tode dominierte und schon als nächster Ayrton Senna galt, in der Formel 1 aber mit nur einem Punkt in 24 Rennen von der Bildfläche verschwand.
Ähnlich hatte sich Formel-E-Pilot Mitch Evans geäußert, der einst als eines der größten Talente galt, aber nie eine Formel-1-Chance erhielt und sich daher auch nie beweisen konnte.
"Bis sie uns eine Chance geben, gibt es nichts", stimmt Lawson zu. "Wir können ihnen nicht zeigen, wie wir in der Formel 1 sein würden."
Mehr Trainings für Rookies 2025
Zumindest tut sich in der Hinsicht aber wieder etwas. Seit einigen Jahren sind die Formel-1-Teams verpflichtet, zwei Freitagstrainings an Rookies abzugeben, ab 2025 wird sich die Zahl sogar verdoppeln - eine gute Maßnahme, findet Lawson.
In Mexiko an diesem Wochenende werden gleich fünf Rookies eine Einsatzchance im Auto eines Stammpiloten haben und das erste Training bestreiten (zur Übersicht der Freitagsfahrer 2024).
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Lawson selbst muss nicht noch einmal aussetzen, da sein RB-Team Ayumu Iwasa in Suzuka für Daniel Ricciardo fahren ließ - damit ist sein Soll erfüllt. Allerdings muss Teamkollege Yuki Tsunoda sein Auto in diesem Jahr noch einmal abgeben.
Für Lawson geht es derweil an diesem Wochenende darum, den guten Auftritt von Austin zu bestätigen. "Ein Wochenende ist nicht genug", weiß er.
Viel von Alonso gelernt
Zumindest konnte er in den USA einiges lernen - und das auch von den Größten. Denn schon an seinem ersten Wochenende legte er sich intensiv mit Fernando Alonso an. "Dass ich ihn so lange beobachten konnte, war wirklich wertvoll", sagt er.
"Seine Rennpace gehört zu den besten im Feld", so Lawson weiter, "und er war immer ein Fahrer, der sich eine Situation zunutze machen kann. Darin war er sehr gut", lobt er. "Und weil ich ihn so lange beobachtet habe, wusste ich, dass es gegen ihn deutlich härter sein würde als gegen andere. Aber ich wusste auch, dass er ein Fahrer ist, dem man vertrauen kann."
"Und darum bin ich auch so gegen ihn gefahren."
Alonso selbst hatte das nicht gefallen, und er knöpfte sich den Rookie nach dem Sprint vor. Seitdem habe Lawson aber nicht wieder etwas von ihm gehört. "Ich schätze, er hat das abgehakt. Im Rennen hat er nicht so hart gekämpft. Ich schätze, er war clever, aber ich erwarte nicht, dass da noch was kommen wird."