Coulthard: Schwindende Red-Bull-Dominanz schon in Bahrain ersichtlich
Formel-1-Experte David Coulthard hat schon in Bahrain geahnt, dass Red Bull 2024 mehr Konkurrenz haben wird: "Das ist es, wovon jeder geträumt hat"
(Motorsport-Total.com) - Nach den Testfahrten in Bahrain vor dem Beginn der Formel-1-Saison 2024 waren sich die Experten einig: Red Bull ist dominant wie eh und je und wird den WM-Titel mit Leichtigkeit verteidigen können. Und während sich dieser Eindruck an den ersten fünf Rennwochenenden erhärtete, ist Red Bull seitdem im Entwicklungsrennen klar zurückgefallen.
Mittlerweile liegt McLaren in der Konstrukteurswertung nur noch 42 Punkte hinter den Bullen, was auf einen spannenden WM-Kampf in der Teamwertung in der zweiten Saisonhälfte verspricht. Anders als andere Experten hat der ehemalige Formel-1-Fahrer David Coulthard aber schon in Bahrain geahnt, dass der Titel für Red Bull "kein Spaziergang im Park" werden würde.
"Ich will nicht so tun, als wäre ich eine Art Visionär, aber ich glaube, ich habe damals auf Viaplay und sicherlich auch auf Channel 4 gesagt, dass das eigentliche Qualifying enger war, wenn man das Rennergebnis außer Acht lässt", so Coulthard über das erste Rennwochenende in Sachir.
"Und das Qualifying ist die Darstellung dessen, was die Leute zu einem bestimmten Zeitpunkt am besten können. Natürlich muss man in der Lage sein, das während eines Rennlaufs mehrere Runden lang zu tun, aber schon vorher hatte ich das Gefühl, dass es eine engere Saison werden würde und dass es für Max kein Spaziergang werden würde."
Coulthard: Solche Dominanzen halten nicht lange
Tatsächlich fuhr Ferrari beim ersten Qualifying der Saison in Bahrain die schnellste Rundenzeit, doch Charles Leclerc konnte seine schnelle Q2-Runde im dritten Qualifyingsegment nicht wiederholen, was Max Verstappen die Poleposition bescherte. Im Rennen fiel der Vorsprung von Red Bull auf die Konkurrenz mit 25 Sekunden dennoch relativ groß aus, obwohl dieser 2023 noch 38 Sekunden betrug.
"Coulthard fährt fort: "[Mir war klar, dass] er nicht da weitermachen würde, wo er letztes Jahr aufgehört hat, denn erstens war es deutlich enger, und zweitens zeigt die Geschichte, dass niemand jahrelang dominiert. Als Ferrari dies mit Schumacher tat, war das beispiellos, ebenso wie bei Mercedes in der ersten Phase der Hybrid-Ära."
"Sie hatten einen solchen Vorsprung auf der Motorenseite, dass sie selbst dann Grands Prix gewinnen konnten, wenn ihr Auto nur ein gutes Auto war. Dann gab es eine Zeit, in der sie einen großartigen Motor und ein großartiges Auto hatten, aber auch sie haben nicht so viel gewonnen wie Max oder Red Bull im letzten Jahr."
Coulthard: Formel 1 jetzt so, wie es jeder gewünscht hat
Während das Team aus Milton Keynes im Vorjahr bis auf den Grand Prix in Singapur alle Rennen gewinnen konnte, gab es in den letzten vier Rennen nicht einen einzigen Triumph. Zu Saisonbeginn war Max Verstappen jedoch schon sieben Mal erfolgreich. Dennoch gab es in der Formel-1-Saison 2024 bereits sieben unterschiedliche Sieger.
"Es wird so weitergehen, es wird verschiedene Sieger geben", glaubt Coulthard. "Der Punkt ist, dass Max nach der Hälfte der Saison einen ordentlichen Vorsprung aufgebaut hat. Das heißt nicht, dass er die Weltmeisterschaft gewinnen wird, denn da kann noch einiges passieren, aber mehr hätte er sich zu diesem Zeitpunkt der Saison nicht erhoffen können, trotz einiger schwieriger und herausfordernder Rennen."
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"Es ist eine spannende Saison mit dem aktuellen Formel-1-Reglement. Es sind alles unvorhersehbare Grands Prix, zu denen wir fahren werden. Wir wissen nicht, wer auf der Poleposition stehen wird, und wir wissen nicht, wer das Rennen gewinnen wird."
"Das ist es, wovon jeder geträumt hat, eine wettbewerbsfähige Formel 1 mit mehreren Teams, und es sieht so aus, als würde sie noch eineinhalb Jahre weitergehen. Das Reglement ist jetzt relativ ausgereift, sodass wir 2025 wohl mehr davon erwarten können. Dann wird alles durcheinander gewirbelt, und 2026 und in Zukunft wird wahrscheinlich wieder ein Team dominieren."
Coulthard erklärt Verstappens Funkausraster
Von der Red-Bull-Dominanz ist jetzt jedoch nicht mehr viel übrig geblieben, ganz zum Unmut von Max Verstappen, der sich in letzter Zeit häufiger stark am Teamfunk beschwert hat und auch gegenüber der Presse sein Team in die Pflicht nimmt. Die bisher gebrachten Updates haben nicht den gewünschten Erfolg gebracht.
"Niemand kann besser über die Leistung des Autos und seine eigene Leistung sprechen als Max", weiß Coulthard, der Verstappen für seine Funkausraster in Schutz nimmt. "Ich bin ein großer Fan von dem, was er tut, und ich möchte seine Einschätzung keineswegs in Frage stellen. Ich halte ihn für einen sehr offenen und geradlinigen Menschen, auch im Teamradio."
"Er nimmt kein Blatt vor den Mund. Das mag manchen Leuten nicht gefallen, aber man ist dazu da, eine bestimmte Leistung zu erbringen, und in dieser Welt, in der wir leben, geht es nicht darum, etwas schönzureden oder zu beschönigen. Es geht darum, seine Botschaft zu vermitteln."
"Obwohl viele der Funksprüche für uns in der Kommentatorenbox so klar klingen, ist es im Cockpit ganz anders. Ich erlebe das selbst, wenn ich auf der Rennstrecke bin. Natürlich ist ein V8 lauter, aber man muss wirklich über den Lärm hinweghören, um zu verstehen, was sie einem sagen."
"Der Ingenieur hört es vielleicht relativ ruhig, aber Max ist mit dem Lärm und allem, was auf der Strecke passiert, beschäftigt. Wenn wir dieses Gespräch mit viel Lärm führen würden, würden wir auch anders reden. Wenn man diese Funksprüche analysiert, muss man also die Umgebung im Auge behalten."