Norris braucht "kleinen Neustart": Stella lobt Reifenflüsterer Verstappen
Lando Norris hadert nach dem Großen Preis von Belgien einmal mehr mit seiner Leistung, Teamchef Andrea Stella mit der Strategie - Lob gibt es für den WM-Rivalen
(Motorsport-Total.com) - So hatte sich Lando Norris den letzten Grand Prix vor der Sommerpause ganz sicher nicht vorgestellt: Schon beim Start gerät er am Ausgang von La Source ins Kiesbett, verliert auf einen Schlag drei Positionen. "Ich bin in Kurve eins zu weit raus gekommen, und das hat mein ganzes Rennen ruiniert. Das war's eigentlich auch schon", lautet nachher Norris' ernüchterte Zusammenfassung.
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Lando Norris auf Abwegen: In Spa leistete sich der Brite einige Ausrutscher Zoom Download
Der Brite räumt mit Blick auf die Situation ein: "Ich habe es einfach falsch eingeschätzt. Ich wollte in Kurve eins nicht rausgenommen werden, deswegen habe ich viel Platz gelassen und dabei den Ausgang ein bisschen fehleingeschätzt." Die bittere Folge: "Danach war klar, dass es schwer werden würde."
Denn Norris steckt anschließend im Verkehr fest, und das Überholen erweist sich am Sonntag in Spa als äußerst schwierig: "Es war praktisch unmöglich", sagt der McLaren-Pilot: "Ich glaube, es gab heute kaum Überholmanöver auf der Strecke, die meisten passierten durch die Boxenstopps, oder wenn du einen Reifenvorteil von über zehn Runden hattest."
Für Norris frustrierend: "Die schmutzige Luft kostet so viel, und ich war die ganze Zeit darin. Die paar Runden, die ich freie Fahrt hatte - und selbst da war ich immer noch hinter Carlos (Sainz) am Ende des ersten Stints, der lange gefahren ist - aber da hat sich das Auto gut angefühlt, und kam bisschen zum Leben."
Zwar habe er immerhin den Spanier undercuttet, wobei Norris zu bedenken gibt: "Am Ende war es einfach so ein Rennen, wo der, der am meisten undercuttet, das Ding gewinnt." Aber grundsätzlich hadere er damit, aus der durchaus anständigen Pace seines Autos "nicht viel gemacht" zu haben: "Ich habe einfach nicht das Gefühl, dass wir das Maximum herausgeholt haben."
Norris mit Selbstkritik: "Ziemlich vermasselt"
Dabei greift sich Norris, der auch nach dem Start noch mit weiteren Fahrfehlern auffiel, in erster Linie an die eigene Nase: Auf Teamseite sei er "super happy", sagt der Brite bei Sky, "ich habe nur das Gefühl, dass ich es in den letzten Rennen ziemlich vermasselt und viele Punkte hergeschenkt habe".
Fazit Norris: "Deswegen brauche ich jetzt vielleicht einen kleinen Neustart, um dann stärker zurückkommen." Die Sommerpause kommt für den WM-Zweiten, dem TV-Experte Ralf Schumacher am Sonntag in Spa sogar den Gang zum Mentaltrainer empfahl, also zu keinem ungünstigen Zeitpunkt.
Immerhin: Von Teamchef Andrea Stelle erfährt Norris nach dem Rennen Rückendeckung, denn der Italiener nimmt auch die Strategieabteilung des Teams in die Pflicht und stellt infrage, ob der Kommandostand am Sonntag in Spa taktisch nicht einiges hätte besser machen können, um Norris zu helfen.
Zwar bekennt der Miami-Sieger selbst, dass man "vielleicht etwas aggressiver sein" hätte können, insgesamt sei seine Strategie aber gut gewesen, glaubt Norris. Doch genau den fehlenden Attacke-Modus im Rennen will Teamchef Stella mit seinen Mannen im Nachgang nochmal unter die Lupe nehmen.
Schließlich sei der Plan, Norris ein paar Runden länger als zunächst geplant auf der Strecke zu lassen, nicht wirklich aufgegangen: "Mit den zwei Faktoren, dem niedrigen Reifenabbau und der Schwierigkeit des Überholens, konnten wir daraus kein Kapital schlagen", räumt Stella ein, dass sich der Rennverlauf für seine Strategen "nicht wie erwartet entwickelt" hätte.
Stella räumt ein: "Das hat uns überrascht"
Dass sein Team dann, ähnlich wie der später wieder disqualifizierte Sieger George Russell, aus der Not keine Tugend machte, und Norris gleich auf einen Stopp umstellte, will Stella auch noch einmal analysieren: "Wir müssen verstehen, ob Lando in der richtigen Position war, das zu tun - denn wenn man (den Stint) verlängert, verliert man tendenziell ein paar Plätze auf der Strecke."
Stella stellt klar: "Für uns war der Plan mit Lando stark. Es ist nur, dass wir davon überrascht wurden, dass wir nicht überholen konnten", macht der Teamchef einen anderen Knackpunkt im Rennen seines Schützlings aus.
Hinzu kommt für den Italiener: "Wovon wir auch überrascht wurden, und das könnte auch damit zu tun haben, wie gut Verstappen als Fahrer ist: Dass er den Medium im letzten Stint am Leben gehalten hat, wie es heute nicht viele andere Fahrer geschafft haben", spricht Stella dem größten Konkurrenten ein dickes Lob aus.
"Wir haben erwartet, dass diese Reifen eingehen, und das sind sie nicht. Wir sind davon ausgegangen, dass es einfach wird Verstappen zu überholen, doch das war nicht der Fall", gibt der McLaren-Teamchef zu. So kam Norris als Fünfter schlussendlich knappe 0,624 Sekunden hinter Verstappen ins Ziel - und büßte dadurch gegenüber dem Niederländer zwei weitere Punkte in der Fahrer-WM ein.