Ricciardo: "Diese zwei Rennen könnten die wichtigsten meiner Karriere sein"
Der "Honigdachs" hat Blut geleckt: Während Sergio Perez schwächelt, performt auf einmal Daniel Ricciardo - fährt er sich mit Leistungen wie in Ungarn in den Red Bull?
(Motorsport-Total.com) - Wird er am Ende zum großen Nutznießer von Sergio Perez' aktuellem Totalausfall in puncto Performance? Während der unglückliche Mexikaner im Ungarn-Q1 mal wieder in der Mauer landet und vorzeitig Feierabend hat, fährt Daniel Ricciardo in der ersten Quali-Session auf dem Hungaroring sogar Bestzeit - wohlgemerkt im Racing Bull, nicht im Red Bull.
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Daniel Ricciardo fährt um seine Zukunft - und zeigt in Budapest Leistung Zoom Download
In Letzterem könnte er, abhängig davon, was mit Perez passiert, nach der Sommerpause aber tatsächlich sitzen - unter den drei Kandidaten auf die potenzielle Perez-Nachfolge ist Ricciardo, neben Teamkollege Yuki Tsunoda und Youngster Liam Lawson, mit Abstand der erfahrenste.
Neuigkeiten zur Zukunftsplanung gibt es aber noch keine, wie Ricciardo am Samstag verrät: "Mir wurde gar nichts gesagt. Aber ich habe mir selbst gesagt: 'Mach es verdammt nochmal!' Sei schnell, du hast jetzt zwei Rennen zur Hölle ... und das ist ehrlicherweise noch nicht mal mit dem Hintergedanken für den Aufstieg."
Denn auch Ricciardos weitere Zukunft, ob bei den Racing Bulls, Red Bull oder woanders, ist derzeit ungeklärt. "Es liegt an mir, jetzt etwas für nächstes Jahr klarzumachen. Deswegen kam ich ursprünglich in das Wochenende und habe mir gesagt, dass diese zwei Rennen nicht nur die wichtigsten meiner Saison, sondern vielleicht meiner Karriere sein könnten."
Ricciardo stellt klar: "Also ja, spezifisch haben sie nichts zu mir gesagt. Aber ich habe genug zu mir selbst gesagt!"
Bayer über Ricciardo in Q3: "Er war enttäuscht"
Motiviert bis in die Haarspitzen, fährt Ricciardo am Samstag dann auch wie die Feuerwehr: Schon im dritten Training kann er als Sechster überzeugen, nach einem turbulenten Qualifying springt dann immerhin Platz neun raus, eine Position vor Teamkollege Tsunoda, der das Auto in Q3 zerlegt.
Mehr ist für den Aussie am Ende nicht drin, wie Racing-Bulls-CEO Peter Bayer gegenüber Motorsport-Total.com verrät: "Wegen der Reifen: Daniel hat seine Runde gestartet, als der Yuki eingeschlagen ist. Er musste reinkommen." Danach wird es mit nur etwas über zwei Minuten auf der Uhr denkbar knapp mit einer letzten schnellen Runde: "Wir hatten Zeitdruck: Die Lücke, um die grüne Ampel zu schaffen, war nur 20 Sekunden."
Dadurch gerät Ricciardo, wie auch die übrigen Fahrer weiter hinten in der Schlange, in Bedrängnis. Denn, so erklärt Bayer: "Die McLaren haben sich vorne bisschen Zeit gelassen, dann war die Lücke weg. Ich habe nur gehört, dass beide die Instruktion hatten, keine sportlichen Strafen zu kassieren: Also eine saubere Runde, ausreizen, aber keine Experimente - und das haben sie gemacht. Das war schon Taktik."
Der "Honigdachs" geht auf "die Jagd nach noch mehr"
Mit der alles andere als idealen Reifenvorbereitung kann Ricciardo dann nur noch die Tsunoda-Zeit schlagen, und sich lediglich Platz neun vom Japaner schnappen: "Da war er schon enttäuscht, weil wir wissen, das Auto und der Fahrer hatten das Zeug, Platz fünf, sechs, sieben zu erreichen. Die Aston Martins wären möglich gewesen", glaubt Bayer.
Ricciardo schlägt in dieselbe Kerbe: "Wenn wir einen guten, anständigen Run mit den Reifen bekommen hätten ... Ich weiß natürlich nicht, ob ich Fernando noch bekommen hätte, aber wir wären schon im Kampf gewesen", sagt der Australier, der sich trotzdem nicht zu sehr grämen will, nach der späten Verbesserung auf Platz neun: "Wenigstens haben wir das geschafft. Zumindest stehe ich auf der sauberen Seite, das nehme ich."
Stichwort sauber: Das war bis dato auch das Wochenende des 35-Jährigen, der sich freut: "Es war gut. Wir sind schnell." Und sogar glaubt: "Ich habe das Gefühl, da ist noch mehr drin, einfach wegen der Umstände, wie alles lief. Mit Blick nach vorne aufs Rennen ist das gut: Wir werden nicht nur versuchen, uns an diese Punkte festzuklammern - wir werden auf die Jagd nach noch mehr gehen."
Auch Bayer ist zuversichtlich: "Beide waren in Q3, zum zweiten Mal in diesem Jahr. Ganz ehrlich, nach Barcelona, Spielberg und Silverstone tut das gut, wieder vorne mit dabei zu sein. Das Auto war hier richtig gut abgestimmt. Ich denke, für morgen ist hier ganz viel möglich." Dabei kommen den Racing Bulls, nach zuletzt eher schnellen Kursen, auch die Streckencharakteristika des langsameren Hungarorings entgegen:
"Die langsamen Kurven hier helfen uns. Daniels Auto zum Beispiel war komplett zurück auf Miami-Spec. Die hat ihm da schon richtig getaugt. Für ihn hat hier alles zusammengepasst. Die hohe Temperatur, der weiche Reifen und dann das Auto im Zustand von Miami, und auch unsere Stärke in langsamen Kurven, die sich hier bemerkbar gemacht hat", verrät Bayer.
Und schon performt der "Honigdachs" wieder, wie Ricciardos Spitzname lautet. Dass seine Gegner indes schwächeln, ist am Samstag natürlich auch ihm nicht verborgen geblieben: "Diese Bedingungen sind ... man muss voll rein gehen und alles aufs Limit setzen. Da können kleine Fehler einfach große Konsequenzen haben", sagt der Australier.
Überrascht ist er von den Patzern seiner Konkurrenten aber offenbar weniger: "Es gibt viel Druck, nicht nur auf uns als Red Bull im Moment, aber auf jeden in der Situation. Deswegen hat auch jeder seine Momente. Aber wenn du dann die Ziellinie überfährst, denkst du dir manchmal: Danke!" So wie am Samstag nach den Abflügen von Perez und Tsunoda ...