Carlos Sainz ohne Anschlussvertrag: "Fahre Rennen für mich selbst"
Wie Formel-1-Fahrer Carlos Sainz mit der Situation umgeht, noch keinen Vertrag für die Saison 2025 zu haben, und ob er sich im Fahrerlager genug wertgeschätzt fühlt
(Motorsport-Total.com) - Carlos Sainz ist der Mann der Stunde in der Formel 1. Denn zum zweiten Mal binnen weniger Monate war er es, der die Siegesserie von Red Bull mit einem Grand-Prix-Erfolg beendet hat. Trotzdem ist seine weitere Zukunft ungewiss: Denn der angekündigte Wechsel von Lewis Hamilton zu Ferrari lässt ihn am Jahresende sein Cockpit verlieren. Und einen neuen Vertrag hat Sainz bisher nicht unterschrieben.
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Carlos Sainz im Ferrari SF-24 beim Formel-1-Rennen in Australien 2024 Zoom Download
Sein jüngster Sieg in Australien sei daher besonders wertvoll, meint Sainz: "Das schadet hundertprozentig nicht. Ich bin ja noch immer ohne Job für nächstes Jahr, also denke ich, das wird helfen. Aber ich weiß es nicht."
Eigentlich gehe er ohnehin davon aus, "jeder weiß mehr oder weniger, was ich kann", so Sainz weiter. "Ich fahre Rennen für mich selbst. Ich fahre Rennen, um mir selbst zu beweisen, dass ich gewinnen kann, wann immer ich ein konkurrenzfähiges Auto bekomme und wann immer es eine Gelegenheit gibt, an einem Wochenende zu gewinnen."
"Wenn andere Leute, die vielleicht keinen Einblick haben und nicht so viel über diesen Sport wissen, mich unterbewerten wollen, ist das für mich in Ordnung. Ehrlich gesagt ist mir das egal, aber mir sind die Leute wichtig, die den Sport gut kennen, und meine Teamkollegen, die meine Daten gesehen haben, die gesehen haben, wie ich arbeite, die meine Geschwindigkeit gesehen haben. Auf das kommt es an."
"Das ist die Mentalität und die Herangehensweise, die ich habe, und die ich den Rest des Jahres beibehalten werde", meint Sainz. Er trete ausdrücklich nicht an, "um den Teamchefs oder anderen Leuten meinen Wert zu beweisen".
Wie Fahrerkollegen über Sainz denken
Letzteres wäre laut Sainz' Formel-1-Fahrerkollegen auch gar nicht notwendig. "Ich glaube, jeder im Fahrerlager weiß um Carlos' Wert", sagt etwa Ferrari-Fahrer Charles Leclerc und meint: "Carlos ist einer der am höchsten eingeschätzten Fahrer. Er ist jedes Mal extrem stark, wenn er im Auto sitzt. Und das hat er schon mehrfach unter Beweis gestellt."
Auch McLaren-Fahrer Lando Norris hält Sainz für einen Spitzenfahrer: "Es wäre töricht, Carlos zu unterschätzen. Wer ihn kennt, weiß, wozu er imstande ist und kennt seine Entschlossenheit, der Beste sein zu wollen."
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Das habe Sainz' Genesungsphase nach der Blinddarm-Operation in Saudi-Arabien nochmals eindrucksvoll unterstrichen, meint Norris: "Ich bin mir sicher, dass es viele Fahrer gibt, die sich nicht so viel Mühe gegeben hätten, um sich zu erholen und wieder ins Rennauto zu steigen." Und Sainz fahre 2024 generell "nochmal etwas besser" als schon im vergangenen Jahr.
Leclerc macht sich deshalb "keine großen Sorgen" um die Zukunft seines aktuellen Teamkollegen: "Carlos selbst sagt dazu zwar nichts, aber ich bin sicher, dass viele Teamchefs mit ihm sprechen. Ebenso sicher bin ich, dass er viele Möglichkeiten haben wird. Er muss nur einfach die beste Entscheidung für seine Karriere treffen."
Surer empfiehlt Sainz bei jedem Topteam
So sieht es auch Formel-1-Experte Marc Surer und glaubt: Sainz steht bei jedem Team auf der Wunschliste. "Im Moment musst du einen Sainz nehmen", erklärt Surer im Interview auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de. "Weil wenn ein Sainz frei ist, dann musst du den nehmen."
Völlig frei in seiner Entscheidung sei Sainz aber wohl nicht, weil er womöglich "gar nicht viele Möglichkeiten" habe, sagt Surer weiter. Sprich: Allzu hoch pokern sollte Sainz in den anstehenden Verhandlungen also nicht. Denn "er muss eigentlich so ein Angebot auch annehmen", um nicht am Ende ohne Stammplatz dazustehen.
Gibt es den Weg zurück für Carlos Sainz
Womöglich tun sich für Sainz aber auch Wege auf, von denen man bisher geglaubt hatte, sie seien ihm versperrt. Red-Bull-Teamchef Christian Horner etwa schließt nicht kategorisch aus, seinen ehemaligen Juniorfahrer zurück ins Red-Bull-Universum zu holen.
"Wir wollen die bestmögliche Fahrerpaarung für Red Bull Racing finden. Manchmal muss man auch über den Tellerrand hinausblicken", sagt Horner.
"[In Australien] hat ein sehr schneller, arbeitsloser Rennfahrer gewonnen. Der Fahrermarkt ist bei manchen Fahrern also ziemlich dynamisch. Und nach einer solchen Leistung kann man nichts ausschließen."
Allerdings sei Red Bull bei der Beantwortung der Fahrerfrage für 2025 "nicht in Eile", schließlich habe Sergio Perez einen "großartigen Saisonauftakt" hingelegt, so Horner weiter. Weil Perez aktuell nur einen Punkt hinter Leclerc auf WM-Rang drei liege, könne es sich sein Team leisten, sich "bei dieser Entscheidung Zeit zu lassen".