Warum zeigen Formel-1-Teams beim Launch Fake-Unterböden und Co.?
Auch 2024 haben viele Formel-1-Teams wieder Autos vorgestellt, die beim Saisonauftakt ganz anders aussehen werden - Aber warum ist das eigentlich so?
(Motorsport-Total.com) - Wenn ein Formel-1-Team vor einer neuen Saison sein Auto offiziell präsentiert, dann kann man in der Regel davon ausgehen, dass der Bolide beim ersten Saisonrennen, oder teilweise bereits bei den Testfahrten davor, schon wieder komplett anders aussehen wird.
© Getty/Red Bull
Red Bull zeigte bei der Vorstellung des RB20 keine spannenden Details Zoom Download
Aber warum haben die Autos, die von den Teams vorgestellt werden, oft nur wenig mit den Fahrzeugen zu tun, die wenige Tage später tatsächlich auf der Rennstrecke fahren? Der offensichtlichste Grund für dieses Versteckspiel liegt auf der Hand.
"Weil es ein Spiel ist, bei dem es um Leistung geht, und warum sollte man jemals etwas verraten wollen?", erklärt Lando Norris im Rahmen der Präsentation des McLaren MCL38. Oder anders gesagt: Es geht vor allem darum, den anderen Teams nicht zu viel zu zeigen.
Denn während die Fans gespannt auf die neuen Autos warten, schauen natürlich auch die Konkurrenten ganz genau hin, wenn ein neuer neuer Bolide enthüllt wird. Und hier möchte niemand bereits vor der ersten Testfahrt alle Karten auf den Tisch legen.
Denn je früher man das komplette Auto zeigt, desto länger haben die Gegner, um mögliche Ideen zu erkennen und zu kopieren. Deswegen zeigen die Teams beim Launch häufig noch nicht alles oder verfälschen sogar ganz bewusst gewisse Elemente am Auto.
Autos sind so früh im Jahr noch gar nicht fertig
Alfa Romeo zeigte zum Beispiel vor der Saison 2023 einen Unterboden, der sich später als kompletter Fake herausstellte, und auch in diesem Jahr haben einige Teams wieder Nebelkerzen geworfen, um die Konkurrenz in die Irre zu führen.
Doch das ist nicht der einzige Grund, warum sich die Boliden beim Launch und beim ersten Rennen häufig unterscheiden. Denn selbst wenn die Teams bei einer Präsentation das gleiche Auto wie später beim Saisonauftakt zeigen wollten, wäre des meistens gar nicht möglich.
Fotostrecke: Formel-1-Autos 2024: So haben die Teams bei den Präsentationen getrickst
Williams hat bei seinem Launch 2024 kein Geheimnis daraus gemacht, dass man lediglich das alte 2023er-Auto mit einem neuen Design gezeigt hat. So ehrlich waren allerdings nicht alle Teams, denn einige haben offiziell zwar den neuen Boliden gezeigt, dabei jedoch Dinge verschwiegen oder sogar ganz bewusst verfälscht ... Fotostrecke
Expertin Bernie Collins, die viele Jahre für McLaren und Aston Martin beziehungsweise die Vorgängerteams aus Silverstone gearbeitet hat, erklärt bei Sky, dass die Autos zum Zeitpunkt der Präsentationen schlicht häufig noch gar nicht fertig sind.
"Bei vielen Teams werden einige der Teile beim Launch Prototypen sein, also im Grunde Plastikteile der richtigen Komponente, weil die richtige Komponente noch nicht fertig ist", so Collins, die daran erinnert, dass zwischen Präsentation und Test noch einige Tage liegen.
Entwicklung geht auch nach dem Launch weiter
"Jede Woche, die das Auto im Windkanal sein kann, um die Teile und die Entwicklung zu verfeinern, bedeutet eine Woche mehr Entwicklung am Auto", betont sie. In diesem Jahr lag bei allen Teams rund eine Woche zwischen Launch und Test, teilweise sogar noch mehr.
Und in diesem Zeitraum läuft die Entwicklung hinter den Kulissen natürlich weiter. Collins berichtet aus eigener Erfahrung: "Als wir in Barcelona [im Winter getestet haben], hatten wir immer ein Upgrade für den letzten Tag, sodass man nur an diesem Tag das gleiche Auto wie beim ersten Rennen hatte."
"Und einige Teams haben sogar Upgrades für das erste Rennen", erinnert sie. Dadurch wird die Diskrepanz zwischen dem Auto, das man präsentiert hat, und dem Fahrzeug beim ersten Rennen, das teilweise erst Wochen später stattfindet, noch größer.
Aus sportlicher Sicht sind die Launches für die Teams ohnehin uninteressant. Helmut Marko sagte zum Beispiel einmal, dass eine Präsentation "wichtig für Fans und Sponsoren" sei. Für das Rennteam ist sie jedoch nicht mehr als ein Pflichttermin.