Rosberg-Schneckentempo: Mercedes noch nicht schlauer
War es das Safety-Car? Eine Strafe für einen Trick mit dem Reifendruck? Mercedes kennt die Ursachen für Nico Rosbergs Performance in Monaco noch nicht...
(Motorsport-Total.com) - Das Mercedes-Team kann sich auch drei Tage nach dem Grand Prix von Monaco nicht erklären, warum Nico Rosberg in der verregneten Anfangsphase binnen neun Runden, drei davon noch dazu unter virtuellem Safety-Car, 14 Sekunden auf Daniel Ricciardo verloren hat. Das ist rätselhaft, weil Lewis Hamilton im gleichen Auto dazu in der Lage war, das Rennen zu gewinnen.
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Warum Nico Rosberg so langsam war, ist immer noch nicht restlos geklärt Zoom Download
"Ich bin schon sehr gespannt darauf, mir die Daten anzuschauen, was wirklich passiert ist", hatte Sportchef Toto Wolff am Sonntagabend angekündigt. Aber seither ist Mercedes nicht schlauer geworden. Der Montag nach Monaco war in Großbritannien ein Feiertag, weshalb die technischen Briefings ausnahmsweise erst am Dienstag stattfanden. Aber auch am Dienstagabend hatte man in Brackley noch keine Ursachen sicher identifiziert.
Das Symptom scheint inzwischen relativ klar zu sein: "Es gab ein Problem mit der Temperatur der Bremsen, ein ziemlich großes. Aber ob das alles war, kann ich nicht sagen", hält Rosberg fest. Ansonsten ist er nicht dazu in der Lage, eine konkrete Erklärung zu liefern: "Ich kann nur sagen, dass mir das Vertrauen ins Auto völlig gefehlt hat. Deswegen musste ich ein Stück weit vom Limit wegbleiben, sonst wäre ich in der Mauer gelandet."
Problem nur im Regen akut
Das Problem sei "nur im Nassen" aufgetreten, als er Hamilton bis zur Stallorder aufhielt. Später, als die Strecke abtrocknete und erst Intermediates, später sogar Ultrasoft-Slicks draufkamen, war das Rosberg-Tempo zwar auch keine Offenbarung, aber bei weitem nicht mehr so auffällig. "Da steckte ich im Verkehr fest", erklärt der WM-Leader - der übrigens zumindest einen Verdacht hat, was seine Misere zu Beginn ausgelöst haben könnte: "Das Safety-Car."
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Der Bann ist gebrochen: Lewis Hamilton gewinnt nach acht sieglosen Rennen wieder einen Grand Prix, seinen ersten in Monaco seit 2008. Daniel Ricciardo fühlt sich "gefickt", weil ihm Red Bull den zweiten Sieg hintereinander kostet. Und Sergio Perez strahlt: "Ich wusste, dass Monaco im Regen eine Gelegenheit ist, mein Talent zu zeigen." Fotostrecke
In den sieben Runden hinter Bernd Mayländer (kurz darauf gefolgt von einer virtuellen Safety-Car-Phase) sanken die Reifentemperaturen in den Keller. Einige Piloten fuhren zickzack, um genau das zu verhindern. Dass das Fenster der optimalen Reifen- und Bremstemperatur im Regen viel entscheidender ist als im Trockenen, weiß man spätestens seit der Pole-Position von Nico Hülkenberg 2010 in Brasilien. Das kann auch in die andere Richtung losgehen.
Aber warum tat sich nur Rosberg so schwer, die nötige Betriebstemperatur zu erreichen, Hamilton aber nicht? Der spätere Sieger fuhr seinem Teamkollegen nach der Stallorder innerhalb von vier Runden um 12,5 Sekunden davon. Ihm habe "die Erfahrung von Silverstone 2008" geholfen, glaubt Hamilton. Dort lieferte er vor acht Jahren vor heimischem Publikum im strömenden Regen eines seiner besten Rennen ab. Am Ende hatte er über eine Minute Vorsprung.
Strafe für Reifendruck-Trick?
Eine mögliche Ursache: Vielleicht hat Mercedes die Bremsen zu stark gekühlt. Bei Regenrennen ist es üblich, dass die Bremsbelüftungen mit Klebeband geschlossen werden. Vielleicht war das nicht ausreichend. Eine andere Theorie besagt: Vielleicht gehört Mercedes zu jenen Teams, die mit der Ableitung der Hitze aus den Felgen tricksen, um den Reifendruck niedrig zu halten. Das würde erklären, warum Rosberg ein paar Grad gefehlt haben. Insbesondere nach dem Safety-Car-Start.
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Trotzdem war der Rückfall vom zweiten auf den siebten Platz unnötig. Erst musste er sich einer Stallorder beugen, was Hamilton vorbeispülte. Dann war die Standzeit beim Boxenstopp verlängert, weil eine Radmutter klemmte. Rosberg durfte nicht sofort losfahren, weil der Lollipop-Mann erst andere Autos vorbeilassen musste, um eine unsichere Freigabe zu vermeiden. Plötzlich war Rosberg nur noch Sechster, hinter dem McLaren von Fernando Alonso.
Zu lustlos im Duell gegen Hülkenberg?
Zu dem Zeitpunkt ging sein Mercedes wieder einigermaßen. Aber als er ausgangs Tunnel seine einzige Chance nutzte, den Spanier zu überholen, schaffte er wegen des Geschwindigkeitsüberschusses die Schikane nicht. Alonso war wieder vorbei. Und buchstäblich auf den letzten Metern verlor Rosberg auch noch das Beschleunigungsduell gegen Landsmann Hülkenberg - was von außen betrachtet ein wenig nach Lustlosigkeit aussah.
War es aber nicht: "Ich war auf dem Ultrasoft, er auf dem Soft. Bei ihm war noch viel Reifengummi übrig, bei mir nicht mehr. Deswegen hatte er mehr Temperatur im Reifen", verteidigt sich Rosberg. Erschwerend kam hinzu, dass es zum Zeitpunkt des Überholmanövers wesentlich stärker regnete als bei Hamiltons Zieldurchfahrt. Die eineinhalb Minuten Unterschied hätten sich "mordsmäßig" ausgewirkt, sagt der Deutsche: "Die Reifen waren eiskalt."
Zumal er auch die schlechtesten Reifen im gesamten Feld hatte: 51 Runden alt (mehr als jeder andere) - und das noch dazu auf dem Ultrasoft. Für den hatte Pirelli am Samstag noch einen Boxenstopp nach 18 Runden empfohlen. Sportchef Wolff hat Mitleid mit Rosberg: "Da kam alles in einem Rennen zusammen." Aber trösten kann er sich damit, dass der Vorsprung auf Hamilton in der Weltmeisterschaft trotzdem noch 24 Punkte beträgt.